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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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Die gottesdienstlichen Uebungen der
Magier, die freilich, von ihrer ersten Ein-
falt entfernt, auch schon Tempel und Klo-
stergebäude bedurften, wurden gleichfalls
zerstört, die Magier verjagt und zerstreut,
von welchen jedoch immer eine grosse
Menge versteckt sich sammelten und, auf
bessere Zeiten, Gesinnung und Gottesdienst
aufbewahrten. Ihre Geduld wurde freylich
sehr geprüft: denn als mit Alexanders Tode
die kurze Alleinherrschaft zerfiel und das
Reich zersplitterte, bemächtigten sich die
Parther des Theils, der uns gegenwärtig be-
sonders beschäftigt. Sprache, Sitten, Re-
ligion der Griechen ward bey ihnen ein-
heimisch. Und so vergingen fünfhundert
Jahre über der Asche der alten Tempel und
Altäre, unter welchen das heilige Feuer im-
merfort glimmend sich erhielt, so dass die
Sassaniden, zu Anfang des dritten Jahrhun-
derts unserer Zeitrechnung, als sie, die alte
Religion wieder bekennend, den frühern
Dienst herstellten, sogleich eine Anzahl
Magier und Mobeden vorfanden, welche
an und über der Gränze Indiens sich und
ihre Gesinnungen im Stillen erhalten hat-

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Die gottesdienstlichen Uebungen der
Magier, die freilich, von ihrer ersten Ein-
falt entfernt, auch schon Tempel und Klo-
stergebäude bedurften, wurden gleichfalls
zerstört, die Magier verjagt und zerstreut,
von welchen jedoch immer eine groſse
Menge versteckt sich sammelten und, auf
bessere Zeiten, Gesinnung und Gottesdienst
aufbewahrten. Ihre Geduld wurde freylich
sehr geprüft: denn als mit Alexanders Tode
die kurze Alleinherrschaft zerfiel und das
Reich zersplitterte, bemächtigten sich die
Parther des Theils, der uns gegenwärtig be-
sonders beschäftigt. Sprache, Sitten, Re-
ligion der Griechen ward bey ihnen ein-
heimisch. Und so vergingen fünfhundert
Jahre über der Asche der alten Tempel und
Altäre, unter welchen das heilige Feuer im-
merfort glimmend sich erhielt, so daſs die
Sassaniden, zu Anfang des dritten Jahrhun-
derts unserer Zeitrechnung, als sie, die alte
Religion wieder bekennend, den frühern
Dienst herstellten, sogleich eine Anzahl
Magier und Mobeden vorfanden, welche
an und über der Gränze Indiens sich und
ihre Gesinnungen im Stillen erhalten hat-

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[275/0285] Die gottesdienstlichen Uebungen der Magier, die freilich, von ihrer ersten Ein- falt entfernt, auch schon Tempel und Klo- stergebäude bedurften, wurden gleichfalls zerstört, die Magier verjagt und zerstreut, von welchen jedoch immer eine groſse Menge versteckt sich sammelten und, auf bessere Zeiten, Gesinnung und Gottesdienst aufbewahrten. Ihre Geduld wurde freylich sehr geprüft: denn als mit Alexanders Tode die kurze Alleinherrschaft zerfiel und das Reich zersplitterte, bemächtigten sich die Parther des Theils, der uns gegenwärtig be- sonders beschäftigt. Sprache, Sitten, Re- ligion der Griechen ward bey ihnen ein- heimisch. Und so vergingen fünfhundert Jahre über der Asche der alten Tempel und Altäre, unter welchen das heilige Feuer im- merfort glimmend sich erhielt, so daſs die Sassaniden, zu Anfang des dritten Jahrhun- derts unserer Zeitrechnung, als sie, die alte Religion wieder bekennend, den frühern Dienst herstellten, sogleich eine Anzahl Magier und Mobeden vorfanden, welche an und über der Gränze Indiens sich und ihre Gesinnungen im Stillen erhalten hat- 18 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/285>, abgerufen am 22.12.2024.