Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.steht der Einzelne im Nachtheil; dieses geht 23
steht der Einzelne im Nachtheil; dieses geht 23
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0363" n="353"/> steht der Einzelne im Nachtheil; dieses geht<lb/> denn durch alle Stufen durch, bis sich viel-<lb/> leicht irgendwo ein Gleichgewicht, jedoch<lb/> nur auf kurze Zeit, finden kann. Dem Ge-<lb/> schichtsforscher ist es kein Geheimniſs; in<lb/> bewegten Augenblicken des Lebens jedoch<lb/> kann man darüber nicht ins Klare kommen.<lb/> Wie man denn niemals mehr von Freyheit<lb/> reden hört als wenn eine Parthey die andere<lb/> unterjochen will und es auf weiter nichts<lb/> angesehen ist, als daſs Gewalt, Einfluſs und<lb/> Vermögen aus einer Hand in die andere ge-<lb/> hen sollen. Freyheit ist die leise Parole<lb/> heimlich Verschworner, das laute Feldge-<lb/> schrey der öffentlich Umwälzenden, ja das<lb/> Losungswort der Despotie selbst, wenn<lb/> sie ihre unterjochte Masse gegen den Feind<lb/> anführt, und ihr von auswärtigem Druck<lb/> Erlösung auf alle Zeiten verspricht.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <fw place="bottom" type="sig">23</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [353/0363]
steht der Einzelne im Nachtheil; dieses geht
denn durch alle Stufen durch, bis sich viel-
leicht irgendwo ein Gleichgewicht, jedoch
nur auf kurze Zeit, finden kann. Dem Ge-
schichtsforscher ist es kein Geheimniſs; in
bewegten Augenblicken des Lebens jedoch
kann man darüber nicht ins Klare kommen.
Wie man denn niemals mehr von Freyheit
reden hört als wenn eine Parthey die andere
unterjochen will und es auf weiter nichts
angesehen ist, als daſs Gewalt, Einfluſs und
Vermögen aus einer Hand in die andere ge-
hen sollen. Freyheit ist die leise Parole
heimlich Verschworner, das laute Feldge-
schrey der öffentlich Umwälzenden, ja das
Losungswort der Despotie selbst, wenn
sie ihre unterjochte Masse gegen den Feind
anführt, und ihr von auswärtigem Druck
Erlösung auf alle Zeiten verspricht.
23
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |