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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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aus einem solchen Tischgespräch aufge-
flammt, wo die eine Parthey behauptete,
man müsse die Perser, da man sie einmal
überwunden, auch nunmehr schonen, die
andere aber, das schonungslose Verfahren
der Asiaten in Zerstörung griechischer Tem-
pel wieder vor die Seele der Gesellschaft
führend, durch Steigerung des Wahnsinnes
zu trunkener Wuth, die alten königlichen
Denkmale in Asche verwandelte. Dass
Frauen mitgewirkt, welche immer die hef-
tigsten, unversöhnlichsten Feinde der Feinde
sind, macht unsere Vermuthung noch wahr-
scheinlicher.

Sollte man jedoch hierüber noch eini-
germassen zweifelhaft bleiben, so sind wir
desto gewisser, was bey jenem Gelag, des-
sen wir zuerst erwähnten, tödtlichen Zwie-
spalt veranlasst habe; die Geschichte be-
wahrt es uns auf. Es war nämlich der im-
mer sich wiederholende Streit zwischen dem
Alter und der Jugend. Die Alten, auf deren
Seite Clitus argumentirte, konnten sich auf
eine folgerechte Reihe von Thaten berufen,
die sie, dem König, dem Vaterland, dem
einmal vorgesteckten Ziele getreu, unabläs-

aus einem solchen Tischgespräch aufge-
flammt, wo die eine Parthey behauptete,
man müsse die Perser, da man sie einmal
überwunden, auch nunmehr schonen, die
andere aber, das schonungslose Verfahren
der Asiaten in Zerstörung griechischer Tem-
pel wieder vor die Seele der Gesellschaft
führend, durch Steigerung des Wahnsinnes
zu trunkener Wuth, die alten königlichen
Denkmale in Asche verwandelte. Daſs
Frauen mitgewirkt, welche immer die hef-
tigsten, unversöhnlichsten Feinde der Feinde
sind, macht unsere Vermuthung noch wahr-
scheinlicher.

Sollte man jedoch hierüber noch eini-
germaſsen zweifelhaft bleiben, so sind wir
desto gewisser, was bey jenem Gelag, des-
sen wir zuerst erwähnten, tödtlichen Zwie-
spalt veranlaſst habe; die Geschichte be-
wahrt es uns auf. Es war nämlich der im-
mer sich wiederholende Streit zwischen dem
Alter und der Jugend. Die Alten, auf deren
Seite Clitus argumentirte, konnten sich auf
eine folgerechte Reihe von Thaten berufen,
die sie, dem König, dem Vaterland, dem
einmal vorgesteckten Ziele getreu, unabläs-

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[356/0366] aus einem solchen Tischgespräch aufge- flammt, wo die eine Parthey behauptete, man müsse die Perser, da man sie einmal überwunden, auch nunmehr schonen, die andere aber, das schonungslose Verfahren der Asiaten in Zerstörung griechischer Tem- pel wieder vor die Seele der Gesellschaft führend, durch Steigerung des Wahnsinnes zu trunkener Wuth, die alten königlichen Denkmale in Asche verwandelte. Daſs Frauen mitgewirkt, welche immer die hef- tigsten, unversöhnlichsten Feinde der Feinde sind, macht unsere Vermuthung noch wahr- scheinlicher. Sollte man jedoch hierüber noch eini- germaſsen zweifelhaft bleiben, so sind wir desto gewisser, was bey jenem Gelag, des- sen wir zuerst erwähnten, tödtlichen Zwie- spalt veranlaſst habe; die Geschichte be- wahrt es uns auf. Es war nämlich der im- mer sich wiederholende Streit zwischen dem Alter und der Jugend. Die Alten, auf deren Seite Clitus argumentirte, konnten sich auf eine folgerechte Reihe von Thaten berufen, die sie, dem König, dem Vaterland, dem einmal vorgesteckten Ziele getreu, unabläs-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/366>, abgerufen am 22.12.2024.