Weil nun alles Vorgesagte auch von den nahe verwandten Gleichnissen gilt, so wäre durch einige Beyspiele unsere Behaup- tung zu bestätigen.
Man sieht den im freyen Felde auf- wachenden Jäger, der die aufgehende Sonne einem Falken vergleicht:
That und Leben mir die Brust durchdringen, Wieder auf den Füssen steh' ich fest: Denn der goldne Falke, breiter Schwingen, Ueberschwebet sein azurnes Nest.
Oder noch prächtiger einem Löwen:
Morgendämmerung wandte sich in's Helle, Herz und Geist auf einmal wurden froh, Als die Nacht, die schüchterne Gazelle, Vor dem Dräun des Morgenlöwens floh.
Wie muss nicht Marko Polo, der alles dieses und mehr geschaut, solche Gleichnisse bewundert haben!
Uebergang von Tropen zu Gleichnissen.
Weil nun alles Vorgesagte auch von den nahe verwandten Gleichnissen gilt, so wäre durch einige Beyspiele unsere Behaup- tung zu bestätigen.
Man sieht den im freyen Felde auf- wachenden Jäger, der die aufgehende Sonne einem Falken vergleicht:
That und Leben mir die Brust durchdringen, Wieder auf den Füſsen steh’ ich fest: Denn der goldne Falke, breiter Schwingen, Ueberschwebet sein azurnes Nest.
Oder noch prächtiger einem Löwen:
Morgendämmerung wandte sich in’s Helle, Herz und Geist auf einmal wurden froh, Als die Nacht, die schüchterne Gazelle, Vor dem Dräun des Morgenlöwens floh.
Wie muſs nicht Marko Polo, der alles dieses und mehr geschaut, solche Gleichnisse bewundert haben!
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0374"n="364"/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#i">Uebergang von Tropen<lb/><hirendition="#g">zu Gleichnissen</hi></hi>.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Weil nun alles Vorgesagte auch von<lb/>
den nahe verwandten Gleichnissen gilt, so<lb/>
wäre durch einige Beyspiele unsere Behaup-<lb/>
tung zu bestätigen.</p><lb/><p>Man sieht den im freyen Felde auf-<lb/>
wachenden Jäger, der die aufgehende Sonne<lb/>
einem <hirendition="#g">Falken</hi> vergleicht:</p><lb/><lgtype="poem"><l>That und Leben mir die Brust durchdringen,</l><lb/><l>Wieder auf den Füſsen steh’ ich fest:</l><lb/><l>Denn der goldne Falke, breiter Schwingen,</l><lb/><l>Ueberschwebet sein azurnes Nest.</l></lg><lb/><p>Oder noch prächtiger einem <hirendition="#g">Löwen</hi>:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Morgendämmerung wandte sich in’s Helle,</l><lb/><l>Herz und Geist auf einmal wurden froh,</l><lb/><l>Als die Nacht, die schüchterne Gazelle,</l><lb/><l>Vor dem Dräun des Morgenlöwens floh.</l></lg><lb/><p>Wie muſs nicht <hirendition="#g">Marko Polo</hi>, der<lb/>
alles dieses und mehr geschaut, solche<lb/>
Gleichnisse bewundert haben!</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[364/0374]
Uebergang von Tropen
zu Gleichnissen.
Weil nun alles Vorgesagte auch von
den nahe verwandten Gleichnissen gilt, so
wäre durch einige Beyspiele unsere Behaup-
tung zu bestätigen.
Man sieht den im freyen Felde auf-
wachenden Jäger, der die aufgehende Sonne
einem Falken vergleicht:
That und Leben mir die Brust durchdringen,
Wieder auf den Füſsen steh’ ich fest:
Denn der goldne Falke, breiter Schwingen,
Ueberschwebet sein azurnes Nest.
Oder noch prächtiger einem Löwen:
Morgendämmerung wandte sich in’s Helle,
Herz und Geist auf einmal wurden froh,
Als die Nacht, die schüchterne Gazelle,
Vor dem Dräun des Morgenlöwens floh.
Wie muſs nicht Marko Polo, der
alles dieses und mehr geschaut, solche
Gleichnisse bewundert haben!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/374>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.