Hier kommt abermals die dunkle Eigenschaft einer jeden Farbe zur Sprache. Von dem Gelben, das ganz nah am Weißen liegt, durchs Orange und Mennigfarbe zum Reinrothen und Carmin, durch alle Abstufungen des Violetten bis in das satteste Blau, das ganz am Schwarzen liegt, nimmt die Farbe immer an Dunkel- heit zu. Das Blaue einmal specificirt läßt sich ver- dünnen, erhellen, mit dem Gelben verbinden, wodurch es Grün wird und sich nach der Lichtseite hinzieht. Keinesweges geschieht dieß aber seiner Natur nach.
574.
Bey den physiologischen Farben haben wir schon gesehen, daß sie ein Minus sind als das Licht, in- dem sie beym Abklingen des Lichteindrucks entstehen, ja zuletzt diesen Eindruck ganz als ein Dunkles zurück- lassen. Bey physischen Versuchen belehrt uns schon der Gebrauch trüber Mittel, die Wirkung trüber Neben- bilder, daß hier von einem gedämpften Lichte, von ei- nem Uebergang ins Dunkle die Rede sey.
575.
Bey der chemischen Entstehung der Pigmente wer- den wir dasselbe bey der ersten Erregung gewahr. Der gelbe Hauch, der sich über den Stahl zieht, ver- dunkelt schon die glänzende Oberfläche. Bey der Ver- wandlung des Bleyweißes in Massicot ist es deutlich, daß das Gelbe dunkler als Weiß sey.
573.
Hier kommt abermals die dunkle Eigenſchaft einer jeden Farbe zur Sprache. Von dem Gelben, das ganz nah am Weißen liegt, durchs Orange und Mennigfarbe zum Reinrothen und Carmin, durch alle Abſtufungen des Violetten bis in das ſatteſte Blau, das ganz am Schwarzen liegt, nimmt die Farbe immer an Dunkel- heit zu. Das Blaue einmal ſpecificirt laͤßt ſich ver- duͤnnen, erhellen, mit dem Gelben verbinden, wodurch es Gruͤn wird und ſich nach der Lichtſeite hinzieht. Keinesweges geſchieht dieß aber ſeiner Natur nach.
574.
Bey den phyſiologiſchen Farben haben wir ſchon geſehen, daß ſie ein Minus ſind als das Licht, in- dem ſie beym Abklingen des Lichteindrucks entſtehen, ja zuletzt dieſen Eindruck ganz als ein Dunkles zuruͤck- laſſen. Bey phyſiſchen Verſuchen belehrt uns ſchon der Gebrauch truͤber Mittel, die Wirkung truͤber Neben- bilder, daß hier von einem gedaͤmpften Lichte, von ei- nem Uebergang ins Dunkle die Rede ſey.
575.
Bey der chemiſchen Entſtehung der Pigmente wer- den wir daſſelbe bey der erſten Erregung gewahr. Der gelbe Hauch, der ſich uͤber den Stahl zieht, ver- dunkelt ſchon die glaͤnzende Oberflaͤche. Bey der Ver- wandlung des Bleyweißes in Maſſicot iſt es deutlich, daß das Gelbe dunkler als Weiß ſey.
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573.
Hier kommt abermals die dunkle Eigenſchaft einer
jeden Farbe zur Sprache. Von dem Gelben, das ganz
nah am Weißen liegt, durchs Orange und Mennigfarbe
zum Reinrothen und Carmin, durch alle Abſtufungen
des Violetten bis in das ſatteſte Blau, das ganz am
Schwarzen liegt, nimmt die Farbe immer an Dunkel-
heit zu. Das Blaue einmal ſpecificirt laͤßt ſich ver-
duͤnnen, erhellen, mit dem Gelben verbinden, wodurch
es Gruͤn wird und ſich nach der Lichtſeite hinzieht.
Keinesweges geſchieht dieß aber ſeiner Natur nach.
574.
Bey den phyſiologiſchen Farben haben wir ſchon
geſehen, daß ſie ein Minus ſind als das Licht, in-
dem ſie beym Abklingen des Lichteindrucks entſtehen,
ja zuletzt dieſen Eindruck ganz als ein Dunkles zuruͤck-
laſſen. Bey phyſiſchen Verſuchen belehrt uns ſchon der
Gebrauch truͤber Mittel, die Wirkung truͤber Neben-
bilder, daß hier von einem gedaͤmpften Lichte, von ei-
nem Uebergang ins Dunkle die Rede ſey.
575.
Bey der chemiſchen Entſtehung der Pigmente wer-
den wir daſſelbe bey der erſten Erregung gewahr.
Der gelbe Hauch, der ſich uͤber den Stahl zieht, ver-
dunkelt ſchon die glaͤnzende Oberflaͤche. Bey der Ver-
wandlung des Bleyweißes in Maſſicot iſt es deutlich,
daß das Gelbe dunkler als Weiß ſey.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/268>, abgerufen am 23.12.2024.
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