Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

sonders das aus gewissen Stoffen bereitete hier zuerst
davon fliegt.

597.

Aber nicht allein das Licht, sondern auch die Luft
und besonders das Wasser wirken gewaltig auf die
Entziehung der Farbe. Man will sogar bemerkt haben,
daß wohl befeuchtete, bey Nacht auf dem Rasen aus-
gebreitete Garne besser bleichen, als solche, welche,
gleichfalls wohl befeuchtet, dem Sonnenlicht ausgesetzt
werden. Und so mag sich denn freylich das Wasser
auch hier als ein Auflösendes, Vermittlendes, das
Zufällige Aufhebendes, und das Besondre ins Allge-
meine Zurückführendes beweisen.

598.

Durch Reagentien wird auch eine solche Entziehung
bewirkt. Der Weingeist hat eine besondre Neigung,
dasjenige, was die Pflanzen färbt, an sich zu ziehen und
sich damit, oft auf eine sehr beständige Weise, zu fär-
ben. Die Schwefelsäure zeigt sich, besonders gegen
Wolle und Seide, als farbentziehend sehr wirksam;
und wem ist nicht der Gebrauch des Schwefeldampfes
da bekannt, wo man etwas vergilbtes oder beflecktes
Weiß herzustellen gedenkt.

599.

Die stärksten Säuren sind in der neuren Zeit als
kürzere Bleichmittel angerathen worden.

600.

Eben so wirken im Gegensinne die alcalischen Rea-
gentien, die Laugen an sich, die zu Seife mit Lauge

ſonders das aus gewiſſen Stoffen bereitete hier zuerſt
davon fliegt.

597.

Aber nicht allein das Licht, ſondern auch die Luft
und beſonders das Waſſer wirken gewaltig auf die
Entziehung der Farbe. Man will ſogar bemerkt haben,
daß wohl befeuchtete, bey Nacht auf dem Raſen aus-
gebreitete Garne beſſer bleichen, als ſolche, welche,
gleichfalls wohl befeuchtet, dem Sonnenlicht ausgeſetzt
werden. Und ſo mag ſich denn freylich das Waſſer
auch hier als ein Aufloͤſendes, Vermittlendes, das
Zufaͤllige Aufhebendes, und das Beſondre ins Allge-
meine Zuruͤckfuͤhrendes beweiſen.

598.

Durch Reagentien wird auch eine ſolche Entziehung
bewirkt. Der Weingeiſt hat eine beſondre Neigung,
dasjenige, was die Pflanzen faͤrbt, an ſich zu ziehen und
ſich damit, oft auf eine ſehr beſtaͤndige Weiſe, zu faͤr-
ben. Die Schwefelſaͤure zeigt ſich, beſonders gegen
Wolle und Seide, als farbentziehend ſehr wirkſam;
und wem iſt nicht der Gebrauch des Schwefeldampfes
da bekannt, wo man etwas vergilbtes oder beflecktes
Weiß herzuſtellen gedenkt.

599.

Die ſtaͤrkſten Saͤuren ſind in der neuren Zeit als
kuͤrzere Bleichmittel angerathen worden.

600.

Eben ſo wirken im Gegenſinne die alcaliſchen Rea-
gentien, die Laugen an ſich, die zu Seife mit Lauge

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0276" n="222"/>
&#x017F;onders das aus gewi&#x017F;&#x017F;en Stoffen bereitete hier zuer&#x017F;t<lb/>
davon fliegt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>597.</head><lb/>
              <p>Aber nicht allein das Licht, &#x017F;ondern auch die Luft<lb/>
und be&#x017F;onders das Wa&#x017F;&#x017F;er wirken gewaltig auf die<lb/>
Entziehung der Farbe. Man will &#x017F;ogar bemerkt haben,<lb/>
daß wohl befeuchtete, bey Nacht auf dem Ra&#x017F;en aus-<lb/>
gebreitete Garne be&#x017F;&#x017F;er bleichen, als &#x017F;olche, welche,<lb/>
gleichfalls wohl befeuchtet, dem Sonnenlicht ausge&#x017F;etzt<lb/>
werden. Und &#x017F;o mag &#x017F;ich denn freylich das Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
auch hier als ein Auflo&#x0364;&#x017F;endes, Vermittlendes, das<lb/>
Zufa&#x0364;llige Aufhebendes, und das Be&#x017F;ondre ins Allge-<lb/>
meine Zuru&#x0364;ckfu&#x0364;hrendes bewei&#x017F;en.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>598.</head><lb/>
              <p>Durch Reagentien wird auch eine &#x017F;olche Entziehung<lb/>
bewirkt. Der Weingei&#x017F;t hat eine be&#x017F;ondre Neigung,<lb/>
dasjenige, was die Pflanzen fa&#x0364;rbt, an &#x017F;ich zu ziehen und<lb/>
&#x017F;ich damit, oft auf eine &#x017F;ehr be&#x017F;ta&#x0364;ndige Wei&#x017F;e, zu fa&#x0364;r-<lb/>
ben. Die Schwefel&#x017F;a&#x0364;ure zeigt &#x017F;ich, be&#x017F;onders gegen<lb/>
Wolle und Seide, als farbentziehend &#x017F;ehr wirk&#x017F;am;<lb/>
und wem i&#x017F;t nicht der Gebrauch des Schwefeldampfes<lb/>
da bekannt, wo man etwas vergilbtes oder beflecktes<lb/>
Weiß herzu&#x017F;tellen gedenkt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>599.</head><lb/>
              <p>Die &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten Sa&#x0364;uren &#x017F;ind in der neuren Zeit als<lb/>
ku&#x0364;rzere Bleichmittel angerathen worden.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>600.</head><lb/>
              <p>Eben &#x017F;o wirken im Gegen&#x017F;inne die alcali&#x017F;chen Rea-<lb/>
gentien, die Laugen an &#x017F;ich, die zu Seife mit Lauge<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0276] ſonders das aus gewiſſen Stoffen bereitete hier zuerſt davon fliegt. 597. Aber nicht allein das Licht, ſondern auch die Luft und beſonders das Waſſer wirken gewaltig auf die Entziehung der Farbe. Man will ſogar bemerkt haben, daß wohl befeuchtete, bey Nacht auf dem Raſen aus- gebreitete Garne beſſer bleichen, als ſolche, welche, gleichfalls wohl befeuchtet, dem Sonnenlicht ausgeſetzt werden. Und ſo mag ſich denn freylich das Waſſer auch hier als ein Aufloͤſendes, Vermittlendes, das Zufaͤllige Aufhebendes, und das Beſondre ins Allge- meine Zuruͤckfuͤhrendes beweiſen. 598. Durch Reagentien wird auch eine ſolche Entziehung bewirkt. Der Weingeiſt hat eine beſondre Neigung, dasjenige, was die Pflanzen faͤrbt, an ſich zu ziehen und ſich damit, oft auf eine ſehr beſtaͤndige Weiſe, zu faͤr- ben. Die Schwefelſaͤure zeigt ſich, beſonders gegen Wolle und Seide, als farbentziehend ſehr wirkſam; und wem iſt nicht der Gebrauch des Schwefeldampfes da bekannt, wo man etwas vergilbtes oder beflecktes Weiß herzuſtellen gedenkt. 599. Die ſtaͤrkſten Saͤuren ſind in der neuren Zeit als kuͤrzere Bleichmittel angerathen worden. 600. Eben ſo wirken im Gegenſinne die alcaliſchen Rea- gentien, die Laugen an ſich, die zu Seife mit Lauge

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/276
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/276>, abgerufen am 23.12.2024.