Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

verbundenen Oele und Fettigkeiten u. s. w. wie dieses
alles in den ausdrücklich zu diesem Zwecke verfaßten
Schriften umständlich gefunden wird.

601.

Uebrigens möchte es wohl der Mühe werth seyn,
gewisse zarte Versuche zu machen, inwiefern Licht
und Luft auf das Entziehen der Farbe ihre Thätigkeit
äußern. Man könnte vielleicht unter luftleeren, mit
gemeiner Luft oder besondern Luftarten gefüllten Glocken
solche Farbstoffe dem Licht aussetzen, deren Flüchtig-
keit man kennt, und beobachten, ob sich nicht an
das Glas wieder etwas von der verflüchtigten Farbe
ansetzte, oder sonst ein Niederschlag sich zeigte; und
ob alsdann dieses Wiedererscheinende dem Unsichtbar-
gewordnen völlig gleich sey, oder ob es eine Verän-
derung erlitten habe. Geschickte Experimentatoren er-
sinnen sich hierzu wohl mancherley Vorrichtungen.

602.

Wenn wir nun also zuerst die Naturwirkungen
betrachtet haben, wie wir sie zu unsern Absichten an-
wenden, so ist noch einiges zu sagen von dem, wie
sie feindlich gegen uns wirken.

603.

Die Malerey ist in dem Falle, daß sie die schön-
sten Arbeiten des Geistes und der Mühe durch die Zeit
auf mancherley Weise zerstört sieht. -- Man hat da-
her sich immer viel Mühe gegeben, dauernde Pigmente
zu finden, und sie auf eine Weise unter sich, so wie

verbundenen Oele und Fettigkeiten u. ſ. w. wie dieſes
alles in den ausdruͤcklich zu dieſem Zwecke verfaßten
Schriften umſtaͤndlich gefunden wird.

601.

Uebrigens moͤchte es wohl der Muͤhe werth ſeyn,
gewiſſe zarte Verſuche zu machen, inwiefern Licht
und Luft auf das Entziehen der Farbe ihre Thaͤtigkeit
aͤußern. Man koͤnnte vielleicht unter luftleeren, mit
gemeiner Luft oder beſondern Luftarten gefuͤllten Glocken
ſolche Farbſtoffe dem Licht ausſetzen, deren Fluͤchtig-
keit man kennt, und beobachten, ob ſich nicht an
das Glas wieder etwas von der verfluͤchtigten Farbe
anſetzte, oder ſonſt ein Niederſchlag ſich zeigte; und
ob alsdann dieſes Wiedererſcheinende dem Unſichtbar-
gewordnen voͤllig gleich ſey, oder ob es eine Veraͤn-
derung erlitten habe. Geſchickte Experimentatoren er-
ſinnen ſich hierzu wohl mancherley Vorrichtungen.

602.

Wenn wir nun alſo zuerſt die Naturwirkungen
betrachtet haben, wie wir ſie zu unſern Abſichten an-
wenden, ſo iſt noch einiges zu ſagen von dem, wie
ſie feindlich gegen uns wirken.

603.

Die Malerey iſt in dem Falle, daß ſie die ſchoͤn-
ſten Arbeiten des Geiſtes und der Muͤhe durch die Zeit
auf mancherley Weiſe zerſtoͤrt ſieht. — Man hat da-
her ſich immer viel Muͤhe gegeben, dauernde Pigmente
zu finden, und ſie auf eine Weiſe unter ſich, ſo wie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0277" n="223"/>
verbundenen Oele und Fettigkeiten u. &#x017F;. w. wie die&#x017F;es<lb/>
alles in den ausdru&#x0364;cklich zu die&#x017F;em Zwecke verfaßten<lb/>
Schriften um&#x017F;ta&#x0364;ndlich gefunden wird.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>601.</head><lb/>
              <p>Uebrigens mo&#x0364;chte es wohl der Mu&#x0364;he werth &#x017F;eyn,<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e zarte Ver&#x017F;uche zu machen, inwiefern Licht<lb/>
und Luft auf das Entziehen der Farbe ihre Tha&#x0364;tigkeit<lb/>
a&#x0364;ußern. Man ko&#x0364;nnte vielleicht unter luftleeren, mit<lb/>
gemeiner Luft oder be&#x017F;ondern Luftarten gefu&#x0364;llten Glocken<lb/>
&#x017F;olche Farb&#x017F;toffe dem Licht aus&#x017F;etzen, deren Flu&#x0364;chtig-<lb/>
keit man kennt, und beobachten, ob &#x017F;ich nicht an<lb/>
das Glas wieder etwas von der verflu&#x0364;chtigten Farbe<lb/>
an&#x017F;etzte, oder &#x017F;on&#x017F;t ein Nieder&#x017F;chlag &#x017F;ich zeigte; und<lb/>
ob alsdann die&#x017F;es Wiederer&#x017F;cheinende dem Un&#x017F;ichtbar-<lb/>
gewordnen vo&#x0364;llig gleich &#x017F;ey, oder ob es eine Vera&#x0364;n-<lb/>
derung erlitten habe. Ge&#x017F;chickte Experimentatoren er-<lb/>
&#x017F;innen &#x017F;ich hierzu wohl mancherley Vorrichtungen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>602.</head><lb/>
              <p>Wenn wir nun al&#x017F;o zuer&#x017F;t die Naturwirkungen<lb/>
betrachtet haben, wie wir &#x017F;ie zu un&#x017F;ern Ab&#x017F;ichten an-<lb/>
wenden, &#x017F;o i&#x017F;t noch einiges zu &#x017F;agen von dem, wie<lb/>
&#x017F;ie feindlich gegen uns wirken.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>603.</head><lb/>
              <p>Die Malerey i&#x017F;t in dem Falle, daß &#x017F;ie die &#x017F;cho&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;ten Arbeiten des Gei&#x017F;tes und der Mu&#x0364;he durch die Zeit<lb/>
auf mancherley Wei&#x017F;e zer&#x017F;to&#x0364;rt &#x017F;ieht. &#x2014; Man hat da-<lb/>
her &#x017F;ich immer viel Mu&#x0364;he gegeben, dauernde Pigmente<lb/>
zu finden, und &#x017F;ie auf eine Wei&#x017F;e unter &#x017F;ich, &#x017F;o wie<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0277] verbundenen Oele und Fettigkeiten u. ſ. w. wie dieſes alles in den ausdruͤcklich zu dieſem Zwecke verfaßten Schriften umſtaͤndlich gefunden wird. 601. Uebrigens moͤchte es wohl der Muͤhe werth ſeyn, gewiſſe zarte Verſuche zu machen, inwiefern Licht und Luft auf das Entziehen der Farbe ihre Thaͤtigkeit aͤußern. Man koͤnnte vielleicht unter luftleeren, mit gemeiner Luft oder beſondern Luftarten gefuͤllten Glocken ſolche Farbſtoffe dem Licht ausſetzen, deren Fluͤchtig- keit man kennt, und beobachten, ob ſich nicht an das Glas wieder etwas von der verfluͤchtigten Farbe anſetzte, oder ſonſt ein Niederſchlag ſich zeigte; und ob alsdann dieſes Wiedererſcheinende dem Unſichtbar- gewordnen voͤllig gleich ſey, oder ob es eine Veraͤn- derung erlitten habe. Geſchickte Experimentatoren er- ſinnen ſich hierzu wohl mancherley Vorrichtungen. 602. Wenn wir nun alſo zuerſt die Naturwirkungen betrachtet haben, wie wir ſie zu unſern Abſichten an- wenden, ſo iſt noch einiges zu ſagen von dem, wie ſie feindlich gegen uns wirken. 603. Die Malerey iſt in dem Falle, daß ſie die ſchoͤn- ſten Arbeiten des Geiſtes und der Muͤhe durch die Zeit auf mancherley Weiſe zerſtoͤrt ſieht. — Man hat da- her ſich immer viel Muͤhe gegeben, dauernde Pigmente zu finden, und ſie auf eine Weiſe unter ſich, ſo wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/277
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/277>, abgerufen am 23.12.2024.