gar manches geschadet, läßt sich auch nicht wohl läug- nen, und man findet's, hier und da, nothdürftig eingestanden.
725.
Die Farbenlehre besonders hat sehr viel gelitten, und ihre Fortschritte sind äußerst gehindert worden, daß man sie mit der übrigen Optik, welche der Meß- kunst nicht entbehren kann, vermengte, da sie doch eigentlich von jener ganz abgesondert betrachtet werden kann.
726.
Dazu kam noch das Uebel, daß ein großer Ma- thematiker über den physischen Ursprung der Farben eine ganz falsche Vorstellung bey sich festsetzte, und durch seine großen Verdienste als Meßkünstler die Feh- ler, die er als Naturforscher begangen, vor einer in Vorurtheilen stets befangnen Welt auf lange Zeit sanctionirte.
727.
Der Verfasser des Gegenwärtigen hat die Farben- lehre durchaus von der Mathematik entfernt zu halten gesucht, ob sich gleich gewisse Puncte deutlich genug ergeben, wo die Beyhülfe der Meßkunst wünschens- werth seyn würde. Wären die vorurtheilsfreyen Ma- thematiker, mit denen er umzugehen das Glück hatte und hat, nicht durch andre Geschäfte abgehalten ge- wesen, um mit ihm gemeine Sache machen zu können; so würde der Behandlung von dieser Seite einiges
gar manches geſchadet, laͤßt ſich auch nicht wohl laͤug- nen, und man findet’s, hier und da, nothduͤrftig eingeſtanden.
725.
Die Farbenlehre beſonders hat ſehr viel gelitten, und ihre Fortſchritte ſind aͤußerſt gehindert worden, daß man ſie mit der uͤbrigen Optik, welche der Meß- kunſt nicht entbehren kann, vermengte, da ſie doch eigentlich von jener ganz abgeſondert betrachtet werden kann.
726.
Dazu kam noch das Uebel, daß ein großer Ma- thematiker uͤber den phyſiſchen Urſprung der Farben eine ganz falſche Vorſtellung bey ſich feſtſetzte, und durch ſeine großen Verdienſte als Meßkuͤnſtler die Feh- ler, die er als Naturforſcher begangen, vor einer in Vorurtheilen ſtets befangnen Welt auf lange Zeit ſanctionirte.
727.
Der Verfaſſer des Gegenwaͤrtigen hat die Farben- lehre durchaus von der Mathematik entfernt zu halten geſucht, ob ſich gleich gewiſſe Puncte deutlich genug ergeben, wo die Beyhuͤlfe der Meßkunſt wuͤnſchens- werth ſeyn wuͤrde. Waͤren die vorurtheilsfreyen Ma- thematiker, mit denen er umzugehen das Gluͤck hatte und hat, nicht durch andre Geſchaͤfte abgehalten ge- weſen, um mit ihm gemeine Sache machen zu koͤnnen; ſo wuͤrde der Behandlung von dieſer Seite einiges
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gar manches geſchadet, laͤßt ſich auch nicht wohl laͤug-
nen, und man findet’s, hier und da, nothduͤrftig
eingeſtanden.
725.
Die Farbenlehre beſonders hat ſehr viel gelitten,
und ihre Fortſchritte ſind aͤußerſt gehindert worden,
daß man ſie mit der uͤbrigen Optik, welche der Meß-
kunſt nicht entbehren kann, vermengte, da ſie doch
eigentlich von jener ganz abgeſondert betrachtet werden
kann.
726.
Dazu kam noch das Uebel, daß ein großer Ma-
thematiker uͤber den phyſiſchen Urſprung der Farben
eine ganz falſche Vorſtellung bey ſich feſtſetzte, und
durch ſeine großen Verdienſte als Meßkuͤnſtler die Feh-
ler, die er als Naturforſcher begangen, vor einer
in Vorurtheilen ſtets befangnen Welt auf lange Zeit
ſanctionirte.
727.
Der Verfaſſer des Gegenwaͤrtigen hat die Farben-
lehre durchaus von der Mathematik entfernt zu halten
geſucht, ob ſich gleich gewiſſe Puncte deutlich genug
ergeben, wo die Beyhuͤlfe der Meßkunſt wuͤnſchens-
werth ſeyn wuͤrde. Waͤren die vorurtheilsfreyen Ma-
thematiker, mit denen er umzugehen das Gluͤck hatte
und hat, nicht durch andre Geſchaͤfte abgehalten ge-
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/324>, abgerufen am 23.12.2024.
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