pothetischen Aussprüche dadurch aufzustutzen, ihr Handwerk erschwert werde.
2.
Denn so sehr man auch bisher geglaubt, die Natur der Farbe gefaßt zu haben, so sehr man sich einbildete, sie durch eine sichre Theorie auszuspre- chen; so war dieß doch keinesweges der Fall, son- dern man hatte Hypothesen an die Spitze gesetzt, nach welchen man die Phänomene künstlich zu ord- nen wußte, und eine wunderliche Lehre kümmerli- chen Inhalts mit großer Zuversicht zu überliefern verstand.
3.
Wie der Stifter dieser Schule, der außeror- dentliche Newton, zu einem solchen Vorurtheile ge- langt, wie er es bey sich festgesetzt und andern ver- schiedentlich mitgetheilt, davon wird uns die Ge- schichte künftig unterrichten. Gegenwärtig nehmen wir sein Werk vor, das unter dem Titel der Optik bekannt ist, worin er seine Ueberzeugungen schließ- lich niederlegte, indem er dasjenige, was er vorher geschrieben, anders zusammenstellte und aufführte. Dieses Werk, welches er in späten Jahren heraus- gab, erklärt er selbst für eine vollendete Darstellung
pothetiſchen Ausſpruͤche dadurch aufzuſtutzen, ihr Handwerk erſchwert werde.
2.
Denn ſo ſehr man auch bisher geglaubt, die Natur der Farbe gefaßt zu haben, ſo ſehr man ſich einbildete, ſie durch eine ſichre Theorie auszuſpre- chen; ſo war dieß doch keinesweges der Fall, ſon- dern man hatte Hypotheſen an die Spitze geſetzt, nach welchen man die Phaͤnomene kuͤnſtlich zu ord- nen wußte, und eine wunderliche Lehre kuͤmmerli- chen Inhalts mit großer Zuverſicht zu uͤberliefern verſtand.
3.
Wie der Stifter dieſer Schule, der außeror- dentliche Newton, zu einem ſolchen Vorurtheile ge- langt, wie er es bey ſich feſtgeſetzt und andern ver- ſchiedentlich mitgetheilt, davon wird uns die Ge- ſchichte kuͤnftig unterrichten. Gegenwaͤrtig nehmen wir ſein Werk vor, das unter dem Titel der Optik bekannt iſt, worin er ſeine Ueberzeugungen ſchließ- lich niederlegte, indem er dasjenige, was er vorher geſchrieben, anders zuſammenſtellte und auffuͤhrte. Dieſes Werk, welches er in ſpaͤten Jahren heraus- gab, erklaͤrt er ſelbſt fuͤr eine vollendete Darſtellung
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0410"n="356"/>
pothetiſchen Ausſpruͤche dadurch aufzuſtutzen, ihr<lb/>
Handwerk erſchwert werde.</p></div><lb/><divn="3"><head>2.</head><lb/><p>Denn ſo ſehr man auch bisher geglaubt, die<lb/>
Natur der Farbe gefaßt zu haben, ſo ſehr man ſich<lb/>
einbildete, ſie durch eine ſichre Theorie auszuſpre-<lb/>
chen; ſo war dieß doch keinesweges der Fall, ſon-<lb/>
dern man hatte Hypotheſen an die Spitze geſetzt,<lb/>
nach welchen man die Phaͤnomene kuͤnſtlich zu ord-<lb/>
nen wußte, und eine wunderliche Lehre kuͤmmerli-<lb/>
chen Inhalts mit großer Zuverſicht zu uͤberliefern<lb/>
verſtand.</p></div><lb/><divn="3"><head>3.</head><lb/><p>Wie der Stifter dieſer Schule, der außeror-<lb/>
dentliche Newton, zu einem ſolchen Vorurtheile ge-<lb/>
langt, wie er es bey ſich feſtgeſetzt und andern ver-<lb/>ſchiedentlich mitgetheilt, davon wird uns die Ge-<lb/>ſchichte kuͤnftig unterrichten. Gegenwaͤrtig nehmen<lb/>
wir ſein Werk vor, das unter dem Titel der Optik<lb/>
bekannt iſt, worin er ſeine Ueberzeugungen ſchließ-<lb/>
lich niederlegte, indem er dasjenige, was er vorher<lb/>
geſchrieben, anders zuſammenſtellte und auffuͤhrte.<lb/>
Dieſes Werk, welches er in ſpaͤten Jahren heraus-<lb/>
gab, erklaͤrt er ſelbſt fuͤr eine vollendete Darſtellung<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[356/0410]
pothetiſchen Ausſpruͤche dadurch aufzuſtutzen, ihr
Handwerk erſchwert werde.
2.
Denn ſo ſehr man auch bisher geglaubt, die
Natur der Farbe gefaßt zu haben, ſo ſehr man ſich
einbildete, ſie durch eine ſichre Theorie auszuſpre-
chen; ſo war dieß doch keinesweges der Fall, ſon-
dern man hatte Hypotheſen an die Spitze geſetzt,
nach welchen man die Phaͤnomene kuͤnſtlich zu ord-
nen wußte, und eine wunderliche Lehre kuͤmmerli-
chen Inhalts mit großer Zuverſicht zu uͤberliefern
verſtand.
3.
Wie der Stifter dieſer Schule, der außeror-
dentliche Newton, zu einem ſolchen Vorurtheile ge-
langt, wie er es bey ſich feſtgeſetzt und andern ver-
ſchiedentlich mitgetheilt, davon wird uns die Ge-
ſchichte kuͤnftig unterrichten. Gegenwaͤrtig nehmen
wir ſein Werk vor, das unter dem Titel der Optik
bekannt iſt, worin er ſeine Ueberzeugungen ſchließ-
lich niederlegte, indem er dasjenige, was er vorher
geſchrieben, anders zuſammenſtellte und auffuͤhrte.
Dieſes Werk, welches er in ſpaͤten Jahren heraus-
gab, erklaͤrt er ſelbſt fuͤr eine vollendete Darſtellung
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/410>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.