nung durchging. Dann fing ich diesen durchgegangenen Theil mit einem hinter das Papier gesteilten Prisma dergestalt auf, daß es in der Entfernung von zwey bis drey Fuß auf eine weiße Tafel senkrecht auffiel. Nach dieser Vorrichtung be- merkte ich, daß jenes Bild, das auf der weißen Tafel durch Brechung jenes homogenen Lichtes abgemalt war, nicht läng- lich sey, wie jenes, als wir im dritten Experiment das zu- sammengesetzte Sonnenlicht gebrochen hatten. Vielmehr war es, in sofern ich mit bloßen Augen urtheilen konnte, an Länge und Breite gleich und vollkommen rund. Woraus folgt, daß dieses Licht regelmäßig gebrochen worden sey, ohne weitre Verbreiterung der Strahlen.
257.
Hier tritt abermals ein Kunstgriff des Verfassers hervor. Dieses Experiment ist völlig dem sechsten gleich, nur mit wenig veränderten Umständen; hier wird es aber wieder als ein neues gebracht, die Zahl der Ex- perimente wird unnöthig vermehrt, und der Unauf- merksame, der eine Wiederholung vernimmt, glaubt eine Bestätigung, einen neuen Beweis zu hören. Das einmal gesagte Falsche drückt sich nur stärker ein und man glaubt in den Besitz neuer Ueberzeugungsgründe zu gelangen.
Was wir daher gegen den sechsten Versuch um- ständlich angeführt, gilt auch gegen diesen, und wir enthalten uns das oft wiederholte zu wiederholen.
258.
Doch machen wir noch eine Bemerkung. Der
I. 32
nung durchging. Dann fing ich dieſen durchgegangenen Theil mit einem hinter das Papier geſteilten Prisma dergeſtalt auf, daß es in der Entfernung von zwey bis drey Fuß auf eine weiße Tafel ſenkrecht auffiel. Nach dieſer Vorrichtung be- merkte ich, daß jenes Bild, das auf der weißen Tafel durch Brechung jenes homogenen Lichtes abgemalt war, nicht laͤng- lich ſey, wie jenes, als wir im dritten Experiment das zu- ſammengeſetzte Sonnenlicht gebrochen hatten. Vielmehr war es, in ſofern ich mit bloßen Augen urtheilen konnte, an Laͤnge und Breite gleich und vollkommen rund. Woraus folgt, daß dieſes Licht regelmaͤßig gebrochen worden ſey, ohne weitre Verbreiterung der Strahlen.
257.
Hier tritt abermals ein Kunſtgriff des Verfaſſers hervor. Dieſes Experiment iſt voͤllig dem ſechſten gleich, nur mit wenig veraͤnderten Umſtaͤnden; hier wird es aber wieder als ein neues gebracht, die Zahl der Ex- perimente wird unnoͤthig vermehrt, und der Unauf- merkſame, der eine Wiederholung vernimmt, glaubt eine Beſtaͤtigung, einen neuen Beweis zu hoͤren. Das einmal geſagte Falſche druͤckt ſich nur ſtaͤrker ein und man glaubt in den Beſitz neuer Ueberzeugungsgruͤnde zu gelangen.
Was wir daher gegen den ſechſten Verſuch um- ſtaͤndlich angefuͤhrt, gilt auch gegen dieſen, und wir enthalten uns das oft wiederholte zu wiederholen.
258.
Doch machen wir noch eine Bemerkung. Der
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nung durchging. Dann fing ich dieſen durchgegangenen Theil
mit einem hinter das Papier geſteilten Prisma dergeſtalt auf,
daß es in der Entfernung von zwey bis drey Fuß auf eine
weiße Tafel ſenkrecht auffiel. Nach dieſer Vorrichtung be-
merkte ich, daß jenes Bild, das auf der weißen Tafel durch
Brechung jenes homogenen Lichtes abgemalt war, nicht laͤng-
lich ſey, wie jenes, als wir im dritten Experiment das zu-
ſammengeſetzte Sonnenlicht gebrochen hatten. Vielmehr war
es, in ſofern ich mit bloßen Augen urtheilen konnte, an Laͤnge
und Breite gleich und vollkommen rund. Woraus folgt, daß
dieſes Licht regelmaͤßig gebrochen worden ſey, ohne weitre
Verbreiterung der Strahlen.
257.
Hier tritt abermals ein Kunſtgriff des Verfaſſers
hervor. Dieſes Experiment iſt voͤllig dem ſechſten gleich,
nur mit wenig veraͤnderten Umſtaͤnden; hier wird es
aber wieder als ein neues gebracht, die Zahl der Ex-
perimente wird unnoͤthig vermehrt, und der Unauf-
merkſame, der eine Wiederholung vernimmt, glaubt
eine Beſtaͤtigung, einen neuen Beweis zu hoͤren. Das
einmal geſagte Falſche druͤckt ſich nur ſtaͤrker ein und
man glaubt in den Beſitz neuer Ueberzeugungsgruͤnde
zu gelangen.
Was wir daher gegen den ſechſten Verſuch um-
ſtaͤndlich angefuͤhrt, gilt auch gegen dieſen, und wir
enthalten uns das oft wiederholte zu wiederholen.
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Doch machen wir noch eine Bemerkung. Der
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/551>, abgerufen am 23.12.2024.
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