Newton einen Rand, eine Gränze läugnet, muß er gerade einen Rand hervorbringen, um das Phänomen wovon er spricht darzustellen. In der Lage d e entsteht die umgekehrte Erscheinung, nämlich der violette Rand, und verbreitet sich gleichfalls über die ganze Tafel, wie man sich dessen genugsam an unsrer wahrheitge- mäßen Figur unterrichten kann.
Da also Newton nicht einsehen konnte, daß hier der Rand der Tafel vollkommen wirksam sey, so bleibt er bey seiner starren Ueberzeugung, indem er fortfährt:
383.
Und wenn das Licht, ehe es auf das Papier fällt, zwey- mal in derselben Richtung durch zwey parallele Prismen ge- brochen wird, so werden diese Farben viel deutlicher seyn.
384.
Also ein Licht kann zweymal durch zwey hinter- einanderstehende Prismen gebrochen werden, und immer weiß bleiben und so auf der Tafel D E ankommen? Dieß merke man doch ja! Daß aber nachher, wenn man in diesem doppelt gebrochnen weißen Lichte operirt, die Farben lebhafter erscheinen, ist natürlich, weil die Ver- rückung des Bildes verdoppelt wird. Aber diese Vor- richtung, die keinesweges leicht zu machen ist, weil man nach seiner Forderung zwey Wasserprismen und beyde am Ende gar über sechzig Grade haben sollte, diese Steigerung des Versuchs hier anzuempfehlen, ist
Newton einen Rand, eine Graͤnze laͤugnet, muß er gerade einen Rand hervorbringen, um das Phaͤnomen wovon er ſpricht darzuſtellen. In der Lage δ ε entſteht die umgekehrte Erſcheinung, naͤmlich der violette Rand, und verbreitet ſich gleichfalls uͤber die ganze Tafel, wie man ſich deſſen genugſam an unſrer wahrheitge- maͤßen Figur unterrichten kann.
Da alſo Newton nicht einſehen konnte, daß hier der Rand der Tafel vollkommen wirkſam ſey, ſo bleibt er bey ſeiner ſtarren Ueberzeugung, indem er fortfaͤhrt:
383.
Und wenn das Licht, ehe es auf das Papier faͤllt, zwey- mal in derſelben Richtung durch zwey parallele Prismen ge- brochen wird, ſo werden dieſe Farben viel deutlicher ſeyn.
384.
Alſo ein Licht kann zweymal durch zwey hinter- einanderſtehende Prismen gebrochen werden, und immer weiß bleiben und ſo auf der Tafel D E ankommen? Dieß merke man doch ja! Daß aber nachher, wenn man in dieſem doppelt gebrochnen weißen Lichte operirt, die Farben lebhafter erſcheinen, iſt natuͤrlich, weil die Ver- ruͤckung des Bildes verdoppelt wird. Aber dieſe Vor- richtung, die keinesweges leicht zu machen iſt, weil man nach ſeiner Forderung zwey Waſſerprismen und beyde am Ende gar uͤber ſechzig Grade haben ſollte, dieſe Steigerung des Verſuchs hier anzuempfehlen, iſt
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Newton einen Rand, eine Graͤnze laͤugnet, muß er
gerade einen Rand hervorbringen, um das Phaͤnomen
wovon er ſpricht darzuſtellen. In der Lage δ ε entſteht
die umgekehrte Erſcheinung, naͤmlich der violette Rand,
und verbreitet ſich gleichfalls uͤber die ganze Tafel,
wie man ſich deſſen genugſam an unſrer wahrheitge-
maͤßen Figur unterrichten kann.
Da alſo Newton nicht einſehen konnte, daß hier
der Rand der Tafel vollkommen wirkſam ſey, ſo bleibt
er bey ſeiner ſtarren Ueberzeugung, indem er fortfaͤhrt:
383.
Und wenn das Licht, ehe es auf das Papier faͤllt, zwey-
mal in derſelben Richtung durch zwey parallele Prismen ge-
brochen wird, ſo werden dieſe Farben viel deutlicher ſeyn.
384.
Alſo ein Licht kann zweymal durch zwey hinter-
einanderſtehende Prismen gebrochen werden, und immer
weiß bleiben und ſo auf der Tafel D E ankommen?
Dieß merke man doch ja! Daß aber nachher, wenn man
in dieſem doppelt gebrochnen weißen Lichte operirt, die
Farben lebhafter erſcheinen, iſt natuͤrlich, weil die Ver-
ruͤckung des Bildes verdoppelt wird. Aber dieſe Vor-
richtung, die keinesweges leicht zu machen iſt, weil
man nach ſeiner Forderung zwey Waſſerprismen und
beyde am Ende gar uͤber ſechzig Grade haben ſollte,
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/594>, abgerufen am 23.12.2024.
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