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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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iſt, in ſich ſelbſt zuſammengezogen ſey, und einen kleinern
Raum einnehme, als in dem Zuſtande der Thaͤtigkeit,
in den ſie durch den Reiz des Lichtes verſetzt wird.

Kepler ſagt daher ſehr ſchoͤn: certum est vel in re-
tina caussâ picturae, vel in spiritibus caussâ impres-
sionis exsistere dilatationem lucidorum. Paralip. in
Vitellionem p.
220. Pater Scherfer hat eine aͤhnliche
Muthmaßung.

19.

Wie dem auch ſey, beyde Zuſtaͤnde, zu welchen das
Organ durch ein ſolches Bild beſtimmt wird, beſtehen auf
demſelben oͤrtlich, und dauern eine Zeit lang fort, wenn
auch ſchon der aͤußre Anlaß entfernt iſt. Im gemeinen
Leben bemerken wir es kaum: denn ſelten kommen Bilder
vor, die ſehr ſtark von einander abſtechen. Wir vermei-
den diejenigen anzuſehn, die uns blenden. Wir blicken
von einem Gegenſtand auf den andern, die Succeſſion
der Bilder ſcheint uns rein, wir werden nicht gewahr,
daß ſich von dem vorhergehenden etwas ins nachfolgende
hinuͤberſchleicht.

20.

Wer auf ein Fenſterkreuz, das einen daͤmmernden
Himmel zum Hintergrunde hat, morgens beym Erwa-
chen, wenn das Auge beſonders empfaͤnglich iſt, ſcharf
hinblickt und ſodann die Augen ſchließt, oder gegen einen
ganz dunkeln Ort hinſieht, wird ein ſchwarzes Kreuz
auf hellem Grunde noch eine Weile vor ſich ſehen.

21.

Jedes Bild nimmt ſeinen beſtimmten Platz auf der
Netzhaut ein, und zwar einen groͤßern oder kleinern, nach

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/61>, abgerufen am 11.01.2025.