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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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530.

Noch angenehmer zeigt sich der Versuch, wenn
man durch ein kleineres Prisma die Farbenerscheinung
dergestalt hervorbringt, daß ein schon ganz fertiges
Spectrum auf die Speichen des umzudrehenden Rades
fällt. Es steht in seiner völligen Kraft alsdann auf
der schnell umgetriebenen scheinbaren Scheibe, und
eben so unverwandt und unverändert auf der hintern
weißen Tafel. Warum geht denn hier keine Mischung,
keine Confusion vor? warum quirlt denn das auf das
schnellste herumgedrehte Speichenrad die fertigen Far-
ben nicht zusammen? warum operirt denn dießmal
Newton nicht mit seinen fertigen Farben? warum mit
entstehenden? Doch bloß darum, daß er sagen könne,
sie seyen fertig geworden und durch Mischung ins
Weiße verwandelt; da der Raum doch bloß darum vor
unsern Augen weiß bleibt, weil die vorübereilenden
Speichen ihre Gränze nicht bezeichnen und deshalb
keine Farbe entstehn kann.


531.

Da nun der Verfasser einmal mit seinem Kamme
operirt, so häuft er noch einige Experimente, die er
aber nicht numerirt, deren Gehalt wir nun auch kürz-
lich würdigen wollen.

532.

Laßt nun den Kamm still stehn und das Papier sich weiter

530.

Noch angenehmer zeigt ſich der Verſuch, wenn
man durch ein kleineres Prisma die Farbenerſcheinung
dergeſtalt hervorbringt, daß ein ſchon ganz fertiges
Spectrum auf die Speichen des umzudrehenden Rades
faͤllt. Es ſteht in ſeiner voͤlligen Kraft alsdann auf
der ſchnell umgetriebenen ſcheinbaren Scheibe, und
eben ſo unverwandt und unveraͤndert auf der hintern
weißen Tafel. Warum geht denn hier keine Miſchung,
keine Confuſion vor? warum quirlt denn das auf das
ſchnellſte herumgedrehte Speichenrad die fertigen Far-
ben nicht zuſammen? warum operirt denn dießmal
Newton nicht mit ſeinen fertigen Farben? warum mit
entſtehenden? Doch bloß darum, daß er ſagen koͤnne,
ſie ſeyen fertig geworden und durch Miſchung ins
Weiße verwandelt; da der Raum doch bloß darum vor
unſern Augen weiß bleibt, weil die voruͤbereilenden
Speichen ihre Graͤnze nicht bezeichnen und deshalb
keine Farbe entſtehn kann.


531.

Da nun der Verfaſſer einmal mit ſeinem Kamme
operirt, ſo haͤuft er noch einige Experimente, die er
aber nicht numerirt, deren Gehalt wir nun auch kuͤrz-
lich wuͤrdigen wollen.

532.

Laßt nun den Kamm ſtill ſtehn und das Papier ſich weiter

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[588/0642] 530. Noch angenehmer zeigt ſich der Verſuch, wenn man durch ein kleineres Prisma die Farbenerſcheinung dergeſtalt hervorbringt, daß ein ſchon ganz fertiges Spectrum auf die Speichen des umzudrehenden Rades faͤllt. Es ſteht in ſeiner voͤlligen Kraft alsdann auf der ſchnell umgetriebenen ſcheinbaren Scheibe, und eben ſo unverwandt und unveraͤndert auf der hintern weißen Tafel. Warum geht denn hier keine Miſchung, keine Confuſion vor? warum quirlt denn das auf das ſchnellſte herumgedrehte Speichenrad die fertigen Far- ben nicht zuſammen? warum operirt denn dießmal Newton nicht mit ſeinen fertigen Farben? warum mit entſtehenden? Doch bloß darum, daß er ſagen koͤnne, ſie ſeyen fertig geworden und durch Miſchung ins Weiße verwandelt; da der Raum doch bloß darum vor unſern Augen weiß bleibt, weil die voruͤbereilenden Speichen ihre Graͤnze nicht bezeichnen und deshalb keine Farbe entſtehn kann. 531. Da nun der Verfaſſer einmal mit ſeinem Kamme operirt, ſo haͤuft er noch einige Experimente, die er aber nicht numerirt, deren Gehalt wir nun auch kuͤrz- lich wuͤrdigen wollen. 532. Laßt nun den Kamm ſtill ſtehn und das Papier ſich weiter

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/642>, abgerufen am 23.12.2024.