Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

wir nur bemerken, daß hier das Unterscheidbare dem
Ununterscheidbaren entgegengesetzt ist, daß aber darum
etwas noch nicht aufhört zu seyn, nicht aufhört innerhalb
eines Dritten zu seyn, wenn es dem äußern Sinne unbe-
merkbar wird. Ein Kleid das kleine Flecken hat, wird
deswegen nicht rein, weil ich sie in einiger Entfernung
nicht bemerke, das Papier nicht weiß, weil ich kleine
Schriftzüge darauf in der Entfernung nicht unterscheide.
Der Chemiker bringt aus den diluirtesten Infusionen durch
seine Reagentien Theile an den Tag, die der gerade
gesunde Sinn darin nicht entdeckte. Und bey Newton
ist nicht einmal von geradem gesunden Sinn die Rede,
sondern von einem verkünstelten, in Vorurtheilen be-
fangenen, dem Aufstutzen gewisser Voraussetzungen ge-
widmeten Sinn, wie wir beym folgenden Experiment
sehen werden.


Funfzehnter Versuch.

563.

Wenn ich nun zuletzt aus farbigen Pulvern, deren sich
die Maler bedienen, ein Weiß zusammenzusetzen versuchte;
so fand ich, daß alle diese farbigen Pulver einen großen
Theil des Lichts, wodurch sie erleuchtet werden, in sich ver-
schlingen und auslöschen.

564.

Hier kommt der Verfasser schon wieder mit seiner

wir nur bemerken, daß hier das Unterſcheidbare dem
Ununterſcheidbaren entgegengeſetzt iſt, daß aber darum
etwas noch nicht aufhoͤrt zu ſeyn, nicht aufhoͤrt innerhalb
eines Dritten zu ſeyn, wenn es dem aͤußern Sinne unbe-
merkbar wird. Ein Kleid das kleine Flecken hat, wird
deswegen nicht rein, weil ich ſie in einiger Entfernung
nicht bemerke, das Papier nicht weiß, weil ich kleine
Schriftzuͤge darauf in der Entfernung nicht unterſcheide.
Der Chemiker bringt aus den diluirteſten Infuſionen durch
ſeine Reagentien Theile an den Tag, die der gerade
geſunde Sinn darin nicht entdeckte. Und bey Newton
iſt nicht einmal von geradem geſunden Sinn die Rede,
ſondern von einem verkuͤnſtelten, in Vorurtheilen be-
fangenen, dem Aufſtutzen gewiſſer Vorausſetzungen ge-
widmeten Sinn, wie wir beym folgenden Experiment
ſehen werden.


Funfzehnter Verſuch.

563.

Wenn ich nun zuletzt aus farbigen Pulvern, deren ſich
die Maler bedienen, ein Weiß zuſammenzuſetzen verſuchte;
ſo fand ich, daß alle dieſe farbigen Pulver einen großen
Theil des Lichts, wodurch ſie erleuchtet werden, in ſich ver-
ſchlingen und ausloͤſchen.

564.

Hier kommt der Verfaſſer ſchon wieder mit ſeiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0657" n="603"/>
wir nur bemerken, daß hier das Unter&#x017F;cheidbare dem<lb/>
Ununter&#x017F;cheidbaren entgegenge&#x017F;etzt i&#x017F;t, daß aber darum<lb/>
etwas noch nicht aufho&#x0364;rt zu &#x017F;eyn, nicht aufho&#x0364;rt innerhalb<lb/>
eines Dritten zu &#x017F;eyn, wenn es dem a&#x0364;ußern Sinne unbe-<lb/>
merkbar wird. Ein Kleid das kleine Flecken hat, wird<lb/>
deswegen nicht rein, weil ich &#x017F;ie in einiger Entfernung<lb/>
nicht bemerke, das Papier nicht weiß, weil ich kleine<lb/>
Schriftzu&#x0364;ge darauf in der Entfernung nicht unter&#x017F;cheide.<lb/>
Der Chemiker bringt aus den diluirte&#x017F;ten Infu&#x017F;ionen durch<lb/>
&#x017F;eine Reagentien Theile an den Tag, die der gerade<lb/>
ge&#x017F;unde Sinn darin nicht entdeckte. Und bey Newton<lb/>
i&#x017F;t nicht einmal von geradem ge&#x017F;unden Sinn die Rede,<lb/>
&#x017F;ondern von einem verku&#x0364;n&#x017F;telten, in Vorurtheilen be-<lb/>
fangenen, dem Auf&#x017F;tutzen gewi&#x017F;&#x017F;er Voraus&#x017F;etzungen ge-<lb/>
widmeten Sinn, wie wir beym folgenden Experiment<lb/>
&#x017F;ehen werden.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#g">Funfzehnter Ver&#x017F;uch</hi>.</head><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head>563.</head><lb/>
                <p>Wenn ich nun zuletzt aus farbigen Pulvern, deren &#x017F;ich<lb/>
die Maler bedienen, ein Weiß zu&#x017F;ammenzu&#x017F;etzen ver&#x017F;uchte;<lb/>
&#x017F;o fand ich, daß alle die&#x017F;e farbigen Pulver einen großen<lb/>
Theil des Lichts, wodurch &#x017F;ie erleuchtet werden, in &#x017F;ich ver-<lb/>
&#x017F;chlingen und auslo&#x0364;&#x017F;chen.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>564.</head><lb/>
                <p>Hier kommt der Verfa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chon wieder mit &#x017F;einer<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[603/0657] wir nur bemerken, daß hier das Unterſcheidbare dem Ununterſcheidbaren entgegengeſetzt iſt, daß aber darum etwas noch nicht aufhoͤrt zu ſeyn, nicht aufhoͤrt innerhalb eines Dritten zu ſeyn, wenn es dem aͤußern Sinne unbe- merkbar wird. Ein Kleid das kleine Flecken hat, wird deswegen nicht rein, weil ich ſie in einiger Entfernung nicht bemerke, das Papier nicht weiß, weil ich kleine Schriftzuͤge darauf in der Entfernung nicht unterſcheide. Der Chemiker bringt aus den diluirteſten Infuſionen durch ſeine Reagentien Theile an den Tag, die der gerade geſunde Sinn darin nicht entdeckte. Und bey Newton iſt nicht einmal von geradem geſunden Sinn die Rede, ſondern von einem verkuͤnſtelten, in Vorurtheilen be- fangenen, dem Aufſtutzen gewiſſer Vorausſetzungen ge- widmeten Sinn, wie wir beym folgenden Experiment ſehen werden. Funfzehnter Verſuch. 563. Wenn ich nun zuletzt aus farbigen Pulvern, deren ſich die Maler bedienen, ein Weiß zuſammenzuſetzen verſuchte; ſo fand ich, daß alle dieſe farbigen Pulver einen großen Theil des Lichts, wodurch ſie erleuchtet werden, in ſich ver- ſchlingen und ausloͤſchen. 564. Hier kommt der Verfaſſer ſchon wieder mit ſeiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/657
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/657>, abgerufen am 23.12.2024.