Cigoli, erhielt den Beynamen des florentinischen Cor- reggio, weil er in der That kräftig, mit klaren Schat- ten und überhaupt gutem Ton des Colorits arbeitete. Doch die florentinische Schule verehrt den Christofano Allori als ihren vorzüglichsten Coloristen. Seine Bil- der sind kräftig, ungemein blühend und angenehm; wovon der halbnackte Jüngling, im berühmten Ge- mälde dieses Künstlers, das den heiligen Julianus vor- stellt, und sonst im Pallast Pitti und jetzt zu Paris be- findlich, ein Zeugniß geben mag. Denn man möchte von diesem Körper, wie von jenem griechischen sagen: er sey mit Rosen genährt.
Doch ungefähr um eben diese Zeit schien die Ma- lerey ihren vornehmsten Sitz in Bologna nehmen zu wollen: denn es lebten daselbst die drey Carracci, Künstler von ewig dauerndem Ruhm. Sie selbst zwar haben von Seiten des Colorits die Kunst weder erwei- tert, noch darin einen auffallend sich unterscheidenden Charakter behauptet; hingegen werden künftig ver- schiedene, aus ihrer berühmten Schule hervorgegange- ne Künstler genannt werden, welche denkwürdige Neu- erungen eingeführt haben.
Michel-Angelo Merigi von Carravaggio unterwarf seine Kunst unbedingt der Natur, und stellte edle und unedle Formen mit gleicher scheinbarer Treue dar, un- tereinander, ohne weitere Wahl, wie sie ihm vorkamen. Den Farben gab er eine bisher noch nie gesehene Stärke. Seine meisten Gemälde haben mehr Schatten
Cigoli, erhielt den Beynamen des florentiniſchen Cor- reggio, weil er in der That kraͤftig, mit klaren Schat- ten und uͤberhaupt gutem Ton des Colorits arbeitete. Doch die florentiniſche Schule verehrt den Chriſtofano Allori als ihren vorzuͤglichſten Coloriſten. Seine Bil- der ſind kraͤftig, ungemein bluͤhend und angenehm; wovon der halbnackte Juͤngling, im beruͤhmten Ge- maͤlde dieſes Kuͤnſtlers, das den heiligen Julianus vor- ſtellt, und ſonſt im Pallaſt Pitti und jetzt zu Paris be- findlich, ein Zeugniß geben mag. Denn man moͤchte von dieſem Koͤrper, wie von jenem griechiſchen ſagen: er ſey mit Roſen genaͤhrt.
Doch ungefaͤhr um eben dieſe Zeit ſchien die Ma- lerey ihren vornehmſten Sitz in Bologna nehmen zu wollen: denn es lebten daſelbſt die drey Carracci, Kuͤnſtler von ewig dauerndem Ruhm. Sie ſelbſt zwar haben von Seiten des Colorits die Kunſt weder erwei- tert, noch darin einen auffallend ſich unterſcheidenden Charakter behauptet; hingegen werden kuͤnftig ver- ſchiedene, aus ihrer beruͤhmten Schule hervorgegange- ne Kuͤnſtler genannt werden, welche denkwuͤrdige Neu- erungen eingefuͤhrt haben.
Michel-Angelo Merigi von Carravaggio unterwarf ſeine Kunſt unbedingt der Natur, und ſtellte edle und unedle Formen mit gleicher ſcheinbarer Treue dar, un- tereinander, ohne weitere Wahl, wie ſie ihm vorkamen. Den Farben gab er eine bisher noch nie geſehene Staͤrke. Seine meiſten Gemaͤlde haben mehr Schatten
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Cigoli, erhielt den Beynamen des florentiniſchen Cor-
reggio, weil er in der That kraͤftig, mit klaren Schat-
ten und uͤberhaupt gutem Ton des Colorits arbeitete.
Doch die florentiniſche Schule verehrt den Chriſtofano
Allori als ihren vorzuͤglichſten Coloriſten. Seine Bil-
der ſind kraͤftig, ungemein bluͤhend und angenehm;
wovon der halbnackte Juͤngling, im beruͤhmten Ge-
maͤlde dieſes Kuͤnſtlers, das den heiligen Julianus vor-
ſtellt, und ſonſt im Pallaſt Pitti und jetzt zu Paris be-
findlich, ein Zeugniß geben mag. Denn man moͤchte
von dieſem Koͤrper, wie von jenem griechiſchen ſagen:
er ſey mit Roſen genaͤhrt.
Doch ungefaͤhr um eben dieſe Zeit ſchien die Ma-
lerey ihren vornehmſten Sitz in Bologna nehmen zu
wollen: denn es lebten daſelbſt die drey Carracci,
Kuͤnſtler von ewig dauerndem Ruhm. Sie ſelbſt zwar
haben von Seiten des Colorits die Kunſt weder erwei-
tert, noch darin einen auffallend ſich unterſcheidenden
Charakter behauptet; hingegen werden kuͤnftig ver-
ſchiedene, aus ihrer beruͤhmten Schule hervorgegange-
ne Kuͤnſtler genannt werden, welche denkwuͤrdige Neu-
erungen eingefuͤhrt haben.
Michel-Angelo Merigi von Carravaggio unterwarf
ſeine Kunſt unbedingt der Natur, und ſtellte edle und
unedle Formen mit gleicher ſcheinbarer Treue dar, un-
tereinander, ohne weitere Wahl, wie ſie ihm vorkamen.
Den Farben gab er eine bisher noch nie geſehene
Staͤrke. Seine meiſten Gemaͤlde haben mehr Schatten
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/397>, abgerufen am 24.11.2024.
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