und elliptische Gläser arbeitete, untersuchte er auch die Farbenerscheinung und überzeugte sich, daß diese gleich- falls eine Art von Abweichung sey wie jene, doch von weit größerer Bedeutung, dergestalt daß jene dagegen gar nicht zu achten sey, diese aber, wegen ihrer Größe, Beständigkeit und Untrennbarkeit von der Refraction, alle Verbesserung der dioptrischen Teleskope unmöglich mache.
Bey Betrachtung dieser die Refraction immer be- gleitenden Farbenerscheinung fiel hauptsächlich auf, daß ein rundes Bild wohl seine Breite behielt, aber in der Länge zunahm. Es wurde nunmehr eine Erklärung gefordert, welche im siebzehnten Jahrhundert oft ver- sucht worden, Niemanden aber gelungen war.
Newton scheint, indem er eine solche Erklärung aufsuchte, sich gleich die Frage gethan zu haben: ob die Ursache in einer innern Eigenschaft des Lichts, oder in einer äußern Bedingtheit desselben zu suchen sey? Auch läßt sich aus seiner Behandlung der Sache, wie sie uns bekannt worden, schließen, daß er sich sehr schnell für die erstere Meynung entschieden habe.
Das erste was er also zu thun hatte, war, die Bedeutsamkeit aller äußern Bedingungen, die bey dem prismatischen Versuche vorkamen, zu schwächen, oder ganz zu beseitigen. Ihm waren die Ueberzeugungen seiner Vorgänger wohl bekannt, welche eben diesen äußern Bedingungen einen großen Werth beygelegt.
und elliptiſche Glaͤſer arbeitete, unterſuchte er auch die Farbenerſcheinung und uͤberzeugte ſich, daß dieſe gleich- falls eine Art von Abweichung ſey wie jene, doch von weit groͤßerer Bedeutung, dergeſtalt daß jene dagegen gar nicht zu achten ſey, dieſe aber, wegen ihrer Groͤße, Beſtaͤndigkeit und Untrennbarkeit von der Refraction, alle Verbeſſerung der dioptriſchen Teleſkope unmoͤglich mache.
Bey Betrachtung dieſer die Refraction immer be- gleitenden Farbenerſcheinung fiel hauptſaͤchlich auf, daß ein rundes Bild wohl ſeine Breite behielt, aber in der Laͤnge zunahm. Es wurde nunmehr eine Erklaͤrung gefordert, welche im ſiebzehnten Jahrhundert oft ver- ſucht worden, Niemanden aber gelungen war.
Newton ſcheint, indem er eine ſolche Erklaͤrung aufſuchte, ſich gleich die Frage gethan zu haben: ob die Urſache in einer innern Eigenſchaft des Lichts, oder in einer aͤußern Bedingtheit deſſelben zu ſuchen ſey? Auch laͤßt ſich aus ſeiner Behandlung der Sache, wie ſie uns bekannt worden, ſchließen, daß er ſich ſehr ſchnell fuͤr die erſtere Meynung entſchieden habe.
Das erſte was er alſo zu thun hatte, war, die Bedeutſamkeit aller aͤußern Bedingungen, die bey dem prismatiſchen Verſuche vorkamen, zu ſchwaͤchen, oder ganz zu beſeitigen. Ihm waren die Ueberzeugungen ſeiner Vorgaͤnger wohl bekannt, welche eben dieſen aͤußern Bedingungen einen großen Werth beygelegt.
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und elliptiſche Glaͤſer arbeitete, unterſuchte er auch die
Farbenerſcheinung und uͤberzeugte ſich, daß dieſe gleich-
falls eine Art von Abweichung ſey wie jene, doch von
weit groͤßerer Bedeutung, dergeſtalt daß jene dagegen
gar nicht zu achten ſey, dieſe aber, wegen ihrer Groͤße,
Beſtaͤndigkeit und Untrennbarkeit von der Refraction,
alle Verbeſſerung der dioptriſchen Teleſkope unmoͤglich
mache.
Bey Betrachtung dieſer die Refraction immer be-
gleitenden Farbenerſcheinung fiel hauptſaͤchlich auf, daß
ein rundes Bild wohl ſeine Breite behielt, aber in der
Laͤnge zunahm. Es wurde nunmehr eine Erklaͤrung
gefordert, welche im ſiebzehnten Jahrhundert oft ver-
ſucht worden, Niemanden aber gelungen war.
Newton ſcheint, indem er eine ſolche Erklaͤrung
aufſuchte, ſich gleich die Frage gethan zu haben: ob
die Urſache in einer innern Eigenſchaft des Lichts, oder
in einer aͤußern Bedingtheit deſſelben zu ſuchen ſey?
Auch laͤßt ſich aus ſeiner Behandlung der Sache, wie
ſie uns bekannt worden, ſchließen, daß er ſich ſehr
ſchnell fuͤr die erſtere Meynung entſchieden habe.
Das erſte was er alſo zu thun hatte, war, die
Bedeutſamkeit aller aͤußern Bedingungen, die bey dem
prismatiſchen Verſuche vorkamen, zu ſchwaͤchen, oder
ganz zu beſeitigen. Ihm waren die Ueberzeugungen
ſeiner Vorgaͤnger wohl bekannt, welche eben dieſen
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/441>, abgerufen am 21.11.2024.
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