Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
Johann Theophilus Desaguliers.

Geboren 1683.


Die Philosophen des Alterthums, welche sich mehr
für den Menschen als für die übrige Natur interessir-
ten, betrachteten diese nur nebenher und theoretisirten
nur gelegentlich über dieselbe. Die Erfahrungen nah-
men zu, die Beobachtungen wurden genauer und die
Theorie eingreifender; doch brachten sie es nicht zur
Wiederholung der Erfahrung, zum Versuch.

Im sechzehnten Jahrhundert, nach frischer Wie-
derbelebung der Wissenschaften, erschienen die bedeu-
tenden Wirkungen der Natur noch unter der Gestalt
der Magie, mit vielem Aberglauben umhüllt, in wel-
chen sie sich zur Zeit der Barbarey versenkt hatten.
Im siebzehnten Jahrhundert wollte man, wo nicht er-
staunen, doch sich immer noch verwundern, und die
angestellten Versuche verloren sich in seltsame Kün-
steleyen.

Doch war die Sache immer ernsthafter geworden.
Wer über die Natur dachte, wollte sie auch schauen.
Jeder Denker machte nunmehr Versuche, aber auch
noch nebenher. Gegen das Ende dieser Zeit traten
immer mehr Männer auf, die sich mit einzelnen Thei-

Johann Theophilus Desaguliers.

Geboren 1683.


Die Philoſophen des Alterthums, welche ſich mehr
fuͤr den Menſchen als fuͤr die uͤbrige Natur intereſſir-
ten, betrachteten dieſe nur nebenher und theoretiſirten
nur gelegentlich uͤber dieſelbe. Die Erfahrungen nah-
men zu, die Beobachtungen wurden genauer und die
Theorie eingreifender; doch brachten ſie es nicht zur
Wiederholung der Erfahrung, zum Verſuch.

Im ſechzehnten Jahrhundert, nach friſcher Wie-
derbelebung der Wiſſenſchaften, erſchienen die bedeu-
tenden Wirkungen der Natur noch unter der Geſtalt
der Magie, mit vielem Aberglauben umhuͤllt, in wel-
chen ſie ſich zur Zeit der Barbarey verſenkt hatten.
Im ſiebzehnten Jahrhundert wollte man, wo nicht er-
ſtaunen, doch ſich immer noch verwundern, und die
angeſtellten Verſuche verloren ſich in ſeltſame Kuͤn-
ſteleyen.

Doch war die Sache immer ernſthafter geworden.
Wer uͤber die Natur dachte, wollte ſie auch ſchauen.
Jeder Denker machte nunmehr Verſuche, aber auch
noch nebenher. Gegen das Ende dieſer Zeit traten
immer mehr Maͤnner auf, die ſich mit einzelnen Thei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0487" n="453"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Johann Theophilus Desaguliers</hi>.</head><lb/>
            <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Geboren 1683</hi>.</hi> </p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Die Philo&#x017F;ophen des Alterthums, welche &#x017F;ich mehr<lb/>
fu&#x0364;r den Men&#x017F;chen als fu&#x0364;r die u&#x0364;brige Natur intere&#x017F;&#x017F;ir-<lb/>
ten, betrachteten die&#x017F;e nur nebenher und theoreti&#x017F;irten<lb/>
nur gelegentlich u&#x0364;ber die&#x017F;elbe. Die Erfahrungen nah-<lb/>
men zu, die Beobachtungen wurden genauer und die<lb/>
Theorie eingreifender; doch brachten &#x017F;ie es nicht zur<lb/>
Wiederholung der Erfahrung, zum Ver&#x017F;uch.</p><lb/>
            <p>Im &#x017F;echzehnten Jahrhundert, nach fri&#x017F;cher Wie-<lb/>
derbelebung der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, er&#x017F;chienen die bedeu-<lb/>
tenden Wirkungen der Natur noch unter der Ge&#x017F;talt<lb/>
der Magie, mit vielem Aberglauben umhu&#x0364;llt, in wel-<lb/>
chen &#x017F;ie &#x017F;ich zur Zeit der Barbarey ver&#x017F;enkt hatten.<lb/>
Im &#x017F;iebzehnten Jahrhundert wollte man, wo nicht er-<lb/>
&#x017F;taunen, doch &#x017F;ich immer noch verwundern, und die<lb/>
ange&#x017F;tellten Ver&#x017F;uche verloren &#x017F;ich in &#x017F;elt&#x017F;ame Ku&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;teleyen.</p><lb/>
            <p>Doch war die Sache immer ern&#x017F;thafter geworden.<lb/>
Wer u&#x0364;ber die Natur dachte, wollte &#x017F;ie auch &#x017F;chauen.<lb/>
Jeder Denker machte nunmehr Ver&#x017F;uche, aber auch<lb/>
noch nebenher. Gegen das Ende die&#x017F;er Zeit traten<lb/>
immer mehr Ma&#x0364;nner auf, die &#x017F;ich mit einzelnen Thei-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[453/0487] Johann Theophilus Desaguliers. Geboren 1683. Die Philoſophen des Alterthums, welche ſich mehr fuͤr den Menſchen als fuͤr die uͤbrige Natur intereſſir- ten, betrachteten dieſe nur nebenher und theoretiſirten nur gelegentlich uͤber dieſelbe. Die Erfahrungen nah- men zu, die Beobachtungen wurden genauer und die Theorie eingreifender; doch brachten ſie es nicht zur Wiederholung der Erfahrung, zum Verſuch. Im ſechzehnten Jahrhundert, nach friſcher Wie- derbelebung der Wiſſenſchaften, erſchienen die bedeu- tenden Wirkungen der Natur noch unter der Geſtalt der Magie, mit vielem Aberglauben umhuͤllt, in wel- chen ſie ſich zur Zeit der Barbarey verſenkt hatten. Im ſiebzehnten Jahrhundert wollte man, wo nicht er- ſtaunen, doch ſich immer noch verwundern, und die angeſtellten Verſuche verloren ſich in ſeltſame Kuͤn- ſteleyen. Doch war die Sache immer ernſthafter geworden. Wer uͤber die Natur dachte, wollte ſie auch ſchauen. Jeder Denker machte nunmehr Verſuche, aber auch noch nebenher. Gegen das Ende dieſer Zeit traten immer mehr Maͤnner auf, die ſich mit einzelnen Thei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/487
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/487>, abgerufen am 22.11.2024.