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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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Newtons Persönlichkeit.

Die Absicht dessen was wir unter dieser Rubrik
zu sagen gedenken, ist eigentlich die, jene Rolle eines
Gegners und Widersachers, die wir so lange behauptet
und auch künftig noch annehmen müssen, auf eine Zeit
abzulegen, so billig als möglich zu seyn, zu untersu-
chen, wie so seltsam Widersprechendes bey ihm zusam-
mengehangen und dadurch unsere mit unter gewisser-
maßen heftige Polemik auszusöhnen. Daß manche wis-
senschaftliche Räthsel nur durch eine ethische Auflösung
begreiflich werden können, giebt man uns wohl zu,
und wir wollen versuchen was uns in dem gegenwär-
tigen Falle gelingen kann.

Von der englischen Nation und ihren Zuständen
ist schon unter Roger Bacon und Baco von Verulam
einiges erwähnt worden, auch giebt uns Sprats flüch-
tiger Aufsatz ein zusammengedrängtes historisches Bild.
Ohne hier weiter einzugreifen, bemerken wir nur, daß
bey den Engländern vorzüglich bedeutend und schätzens-
werth ist die Ausbildung so vieler derber tüchtiger
Individuen, eines Jeden nach seiner Weise; und zu-
gleich gegen das Oeffentliche, gegen das gemeine Wesen:
ein Vorzug, den vielleicht keine andere Nation, wenig-
stens nicht in dem Grade, mit ihr theilt.

Newtons Perſoͤnlichkeit.

Die Abſicht deſſen was wir unter dieſer Rubrik
zu ſagen gedenken, iſt eigentlich die, jene Rolle eines
Gegners und Widerſachers, die wir ſo lange behauptet
und auch kuͤnftig noch annehmen muͤſſen, auf eine Zeit
abzulegen, ſo billig als moͤglich zu ſeyn, zu unterſu-
chen, wie ſo ſeltſam Widerſprechendes bey ihm zuſam-
mengehangen und dadurch unſere mit unter gewiſſer-
maßen heftige Polemik auszuſoͤhnen. Daß manche wiſ-
ſenſchaftliche Raͤthſel nur durch eine ethiſche Aufloͤſung
begreiflich werden koͤnnen, giebt man uns wohl zu,
und wir wollen verſuchen was uns in dem gegenwaͤr-
tigen Falle gelingen kann.

Von der engliſchen Nation und ihren Zuſtaͤnden
iſt ſchon unter Roger Bacon und Baco von Verulam
einiges erwaͤhnt worden, auch giebt uns Sprats fluͤch-
tiger Aufſatz ein zuſammengedraͤngtes hiſtoriſches Bild.
Ohne hier weiter einzugreifen, bemerken wir nur, daß
bey den Englaͤndern vorzuͤglich bedeutend und ſchaͤtzens-
werth iſt die Ausbildung ſo vieler derber tuͤchtiger
Individuen, eines Jeden nach ſeiner Weiſe; und zu-
gleich gegen das Oeffentliche, gegen das gemeine Weſen:
ein Vorzug, den vielleicht keine andere Nation, wenig-
ſtens nicht in dem Grade, mit ihr theilt.

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[474/0508] Newtons Perſoͤnlichkeit. Die Abſicht deſſen was wir unter dieſer Rubrik zu ſagen gedenken, iſt eigentlich die, jene Rolle eines Gegners und Widerſachers, die wir ſo lange behauptet und auch kuͤnftig noch annehmen muͤſſen, auf eine Zeit abzulegen, ſo billig als moͤglich zu ſeyn, zu unterſu- chen, wie ſo ſeltſam Widerſprechendes bey ihm zuſam- mengehangen und dadurch unſere mit unter gewiſſer- maßen heftige Polemik auszuſoͤhnen. Daß manche wiſ- ſenſchaftliche Raͤthſel nur durch eine ethiſche Aufloͤſung begreiflich werden koͤnnen, giebt man uns wohl zu, und wir wollen verſuchen was uns in dem gegenwaͤr- tigen Falle gelingen kann. Von der engliſchen Nation und ihren Zuſtaͤnden iſt ſchon unter Roger Bacon und Baco von Verulam einiges erwaͤhnt worden, auch giebt uns Sprats fluͤch- tiger Aufſatz ein zuſammengedraͤngtes hiſtoriſches Bild. Ohne hier weiter einzugreifen, bemerken wir nur, daß bey den Englaͤndern vorzuͤglich bedeutend und ſchaͤtzens- werth iſt die Ausbildung ſo vieler derber tuͤchtiger Individuen, eines Jeden nach ſeiner Weiſe; und zu- gleich gegen das Oeffentliche, gegen das gemeine Weſen: ein Vorzug, den vielleicht keine andere Nation, wenig- ſtens nicht in dem Grade, mit ihr theilt.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/508>, abgerufen am 22.11.2024.