Unter dem Jahre 1711 findet sich in den Memoi- ren der Akademie ein kleiner Aufsatz, worin diese An- sicht wiederholt und zugleich bemerkt wird, daß das Sonnenlicht durch ein angerauchtes Glas roth erscheine. Er war, wie man sieht, auf dem rechtem Wege, doch fehlte es ihm an Entwicklung des Phänomens. Er drang nicht weit genug vor, um einzusehen, daß das angerauchte Glas hier nur als ein Trübes wirke, in- dem dasselbe, wenn es leicht angeraucht ist, vor einen dunklen Grund gehalten, bläulich erscheint. Eben so we- nig gelang es ihm das Rothe aufs Gelbe zurück, und das Blaue aufs Violette vorwärts zu führen. Seine Be- merkung und Einsicht blieb daher unfruchtbar liegen.
Wegen übereinstimmender Gesinnungen schalten wir an dieser Stelle einen Deutschen ein, den wir sonst nicht schicklicher unterzubringen wußten.
Johann Michael Conradi.
Anweisung zur Optica. Coburg 1710 in 4.
Pag. 18. § 16. "Wo das Auge nichts siehet, so meynet es, es sehe etwas schwarzes; als wenn man des Nachts gen Himmel siehet, da ist wirklich nichts, und man meynet die Sterne hingen an einem schwar- zen expanso. Wo aber eine durchscheinende Weiße
Unter dem Jahre 1711 findet ſich in den Memoi- ren der Akademie ein kleiner Aufſatz, worin dieſe An- ſicht wiederholt und zugleich bemerkt wird, daß das Sonnenlicht durch ein angerauchtes Glas roth erſcheine. Er war, wie man ſieht, auf dem rechtem Wege, doch fehlte es ihm an Entwicklung des Phaͤnomens. Er drang nicht weit genug vor, um einzuſehen, daß das angerauchte Glas hier nur als ein Truͤbes wirke, in- dem daſſelbe, wenn es leicht angeraucht iſt, vor einen dunklen Grund gehalten, blaͤulich erſcheint. Eben ſo we- nig gelang es ihm das Rothe aufs Gelbe zuruͤck, und das Blaue aufs Violette vorwaͤrts zu fuͤhren. Seine Be- merkung und Einſicht blieb daher unfruchtbar liegen.
Wegen uͤbereinſtimmender Geſinnungen ſchalten wir an dieſer Stelle einen Deutſchen ein, den wir ſonſt nicht ſchicklicher unterzubringen wußten.
Johann Michael Conradi.
Anweiſung zur Optica. Coburg 1710 in 4.
Pag. 18. § 16. „Wo das Auge nichts ſiehet, ſo meynet es, es ſehe etwas ſchwarzes; als wenn man des Nachts gen Himmel ſiehet, da iſt wirklich nichts, und man meynet die Sterne hingen an einem ſchwar- zen expanso. Wo aber eine durchſcheinende Weiße
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Unter dem Jahre 1711 findet ſich in den Memoi-
ren der Akademie ein kleiner Aufſatz, worin dieſe An-
ſicht wiederholt und zugleich bemerkt wird, daß das
Sonnenlicht durch ein angerauchtes Glas roth erſcheine.
Er war, wie man ſieht, auf dem rechtem Wege, doch
fehlte es ihm an Entwicklung des Phaͤnomens. Er
drang nicht weit genug vor, um einzuſehen, daß das
angerauchte Glas hier nur als ein Truͤbes wirke, in-
dem daſſelbe, wenn es leicht angeraucht iſt, vor einen
dunklen Grund gehalten, blaͤulich erſcheint. Eben ſo we-
nig gelang es ihm das Rothe aufs Gelbe zuruͤck, und das
Blaue aufs Violette vorwaͤrts zu fuͤhren. Seine Be-
merkung und Einſicht blieb daher unfruchtbar liegen.
Wegen uͤbereinſtimmender Geſinnungen ſchalten
wir an dieſer Stelle einen Deutſchen ein, den wir
ſonſt nicht ſchicklicher unterzubringen wußten.
Johann Michael Conradi.
Anweiſung zur Optica. Coburg 1710 in 4.
Pag. 18. § 16. „Wo das Auge nichts ſiehet, ſo
meynet es, es ſehe etwas ſchwarzes; als wenn man
des Nachts gen Himmel ſiehet, da iſt wirklich nichts,
und man meynet die Sterne hingen an einem ſchwar-
zen expanso. Wo aber eine durchſcheinende Weiße
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/527>, abgerufen am 22.11.2024.
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