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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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"Sachen die sich fast der Untersuchung entziehen,
weil sie zu subtil (deliees) sind,"

Hier haben wir schon wieder Sachen, und zwar
so ganz feine, flüchtige, der Untersuchung entwischende
Sachen!

"versteht er dem Calcul zu unterwerfen, der nicht
allein das Wissen guter Geometer verlangt, sondern
was mehr ist, eine besondre Geschicklichkeit."

Nun so wäre denn endlich die Untersuchung in
die Geheimnisse der Mathematik gehüllt, damit doch
ja Niemand so leicht wage sich diesem Heiligthum
zu nähern.

"Die Anwendung die er von seiner Geometrie
macht, ist so fein, als seine Geometrie erhaben ist."

Auf diesen rednerischen Schwung und Schwank
brauchen wir nur soviel zu erwiedern, daß die Haupt-
formeln dieser sublim feinen Geometrie, nach Ent-
deckung der achromatischen Fernröhre, falsch befunden
und dafür allgemein anerkannt sind. Jene famose
Messung und Berechnung des Farbenbildes, wodurch
ihnen eine Art von Tonleiter angedichtet wird, ist
von uns auch anderweit vernichtet worden, und es
wird von ihr zum Ueberfluß noch im nächsten Artikel
die Rede seyn.


„Sachen die ſich faſt der Unterſuchung entziehen,
weil ſie zu ſubtil (déliées) ſind,“

Hier haben wir ſchon wieder Sachen, und zwar
ſo ganz feine, fluͤchtige, der Unterſuchung entwiſchende
Sachen!

„verſteht er dem Calcul zu unterwerfen, der nicht
allein das Wiſſen guter Geometer verlangt, ſondern
was mehr iſt, eine beſondre Geſchicklichkeit.“

Nun ſo waͤre denn endlich die Unterſuchung in
die Geheimniſſe der Mathematik gehuͤllt, damit doch
ja Niemand ſo leicht wage ſich dieſem Heiligthum
zu naͤhern.

„Die Anwendung die er von ſeiner Geometrie
macht, iſt ſo fein, als ſeine Geometrie erhaben iſt.“

Auf dieſen redneriſchen Schwung und Schwank
brauchen wir nur ſoviel zu erwiedern, daß die Haupt-
formeln dieſer ſublim feinen Geometrie, nach Ent-
deckung der achromatiſchen Fernroͤhre, falſch befunden
und dafuͤr allgemein anerkannt ſind. Jene famoſe
Meſſung und Berechnung des Farbenbildes, wodurch
ihnen eine Art von Tonleiter angedichtet wird, iſt
von uns auch anderweit vernichtet worden, und es
wird von ihr zum Ueberfluß noch im naͤchſten Artikel
die Rede ſeyn.


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[506/0540] „Sachen die ſich faſt der Unterſuchung entziehen, weil ſie zu ſubtil (déliées) ſind,“ Hier haben wir ſchon wieder Sachen, und zwar ſo ganz feine, fluͤchtige, der Unterſuchung entwiſchende Sachen! „verſteht er dem Calcul zu unterwerfen, der nicht allein das Wiſſen guter Geometer verlangt, ſondern was mehr iſt, eine beſondre Geſchicklichkeit.“ Nun ſo waͤre denn endlich die Unterſuchung in die Geheimniſſe der Mathematik gehuͤllt, damit doch ja Niemand ſo leicht wage ſich dieſem Heiligthum zu naͤhern. „Die Anwendung die er von ſeiner Geometrie macht, iſt ſo fein, als ſeine Geometrie erhaben iſt.“ Auf dieſen redneriſchen Schwung und Schwank brauchen wir nur ſoviel zu erwiedern, daß die Haupt- formeln dieſer ſublim feinen Geometrie, nach Ent- deckung der achromatiſchen Fernroͤhre, falſch befunden und dafuͤr allgemein anerkannt ſind. Jene famoſe Meſſung und Berechnung des Farbenbildes, wodurch ihnen eine Art von Tonleiter angedichtet wird, iſt von uns auch anderweit vernichtet worden, und es wird von ihr zum Ueberfluß noch im naͤchſten Artikel die Rede ſeyn.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/540>, abgerufen am 22.11.2024.