faltigte die Versuche, wobey er sich als einen scharf- sinnigen und redlichen Beobachter zeigt. Da er jedoch der Lehre Newtons zugethan ist, so sucht er die Phä- nomene nach derselben zu erklären, oder vielmehr sie ihr anzupassen. Die Umkehrung eines hellen Bildes im Auge in ein dunkles, eines dunklen in ein helles, nach verschiedenen gegebenen Bedingungen, (E. 15. ff.) erklärte man, wie am angeführten Orte ersichtlich ist. Nun schlug Pater Scherffer zu Erklärung der farbig mit ein- ander abwechselnden Erscheinungen folgenden Weg ein.
Er legt jenen mangelhaften Newtonischen Farben- kreis (P. 592--94.) zum Grunde, dessen Zusammen- mischung Weiß geben soll. Dann fragt er, was für eine Farbe z. B. entstehen würde, wenn man aus die- sem Kreise das Grün hinwegnähme? Nun fängt er an zu rechnen, zu operiren, Schwerpuncte zu suchen, und findet, daß ein Violett entstehen müsse, welches zwar, wie er selbst sagt, in der Erfahrung nicht entsteht, wohl aber ein Roth, das er dann eben auch gelten läßt.
Nun soll das Auge, wenn es von den grünen Strahlen afficirt worden, der grüne Gegenstand aber weggehoben wird, sich in einer Art von Nothwendig- keit befinden, von dem Resultat der sämmtlichen übri- gen Strahlen afficirt zu werden.
Da nun aber diese Resultate niemals rein zutref- fen -- und wie wäre es auch möglich, indem das voll-
faltigte die Verſuche, wobey er ſich als einen ſcharf- ſinnigen und redlichen Beobachter zeigt. Da er jedoch der Lehre Newtons zugethan iſt, ſo ſucht er die Phaͤ- nomene nach derſelben zu erklaͤren, oder vielmehr ſie ihr anzupaſſen. Die Umkehrung eines hellen Bildes im Auge in ein dunkles, eines dunklen in ein helles, nach verſchiedenen gegebenen Bedingungen, (E. 15. ff.) erklaͤrte man, wie am angefuͤhrten Orte erſichtlich iſt. Nun ſchlug Pater Scherffer zu Erklaͤrung der farbig mit ein- ander abwechſelnden Erſcheinungen folgenden Weg ein.
Er legt jenen mangelhaften Newtoniſchen Farben- kreis (P. 592—94.) zum Grunde, deſſen Zuſammen- miſchung Weiß geben ſoll. Dann fragt er, was fuͤr eine Farbe z. B. entſtehen wuͤrde, wenn man aus die- ſem Kreiſe das Gruͤn hinwegnaͤhme? Nun faͤngt er an zu rechnen, zu operiren, Schwerpuncte zu ſuchen, und findet, daß ein Violett entſtehen muͤſſe, welches zwar, wie er ſelbſt ſagt, in der Erfahrung nicht entſteht, wohl aber ein Roth, das er dann eben auch gelten laͤßt.
Nun ſoll das Auge, wenn es von den gruͤnen Strahlen afficirt worden, der gruͤne Gegenſtand aber weggehoben wird, ſich in einer Art von Nothwendig- keit befinden, von dem Reſultat der ſaͤmmtlichen uͤbri- gen Strahlen afficirt zu werden.
Da nun aber dieſe Reſultate niemals rein zutref- fen — und wie waͤre es auch moͤglich, indem das voll-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0610"n="576"/>
faltigte die Verſuche, wobey er ſich als einen ſcharf-<lb/>ſinnigen und redlichen Beobachter zeigt. Da er jedoch<lb/>
der Lehre Newtons zugethan iſt, ſo ſucht er die Phaͤ-<lb/>
nomene nach derſelben zu erklaͤren, oder vielmehr ſie<lb/>
ihr anzupaſſen. Die Umkehrung eines hellen Bildes im<lb/>
Auge in ein dunkles, eines dunklen in ein helles, nach<lb/>
verſchiedenen gegebenen Bedingungen, (E. 15. ff.) erklaͤrte<lb/>
man, wie am angefuͤhrten Orte erſichtlich iſt. Nun<lb/>ſchlug Pater Scherffer zu Erklaͤrung der farbig mit ein-<lb/>
ander abwechſelnden Erſcheinungen folgenden Weg ein.</p><lb/><p>Er legt jenen mangelhaften Newtoniſchen Farben-<lb/>
kreis (P. 592—94.) zum Grunde, deſſen Zuſammen-<lb/>
miſchung Weiß geben ſoll. Dann fragt er, was fuͤr<lb/>
eine Farbe z. B. entſtehen wuͤrde, wenn man aus die-<lb/>ſem Kreiſe das Gruͤn hinwegnaͤhme? Nun faͤngt er an<lb/>
zu rechnen, zu operiren, Schwerpuncte zu ſuchen, und<lb/>
findet, daß ein Violett entſtehen muͤſſe, welches zwar,<lb/>
wie er ſelbſt ſagt, in der Erfahrung nicht entſteht,<lb/>
wohl aber ein Roth, das er dann eben auch gelten<lb/>
laͤßt.</p><lb/><p>Nun ſoll das Auge, wenn es von den gruͤnen<lb/>
Strahlen afficirt worden, der gruͤne Gegenſtand aber<lb/>
weggehoben wird, ſich in einer Art von Nothwendig-<lb/>
keit befinden, von dem Reſultat der ſaͤmmtlichen uͤbri-<lb/>
gen Strahlen afficirt zu werden.</p><lb/><p>Da nun aber dieſe Reſultate niemals rein zutref-<lb/>
fen — und wie waͤre es auch moͤglich, indem das voll-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[576/0610]
faltigte die Verſuche, wobey er ſich als einen ſcharf-
ſinnigen und redlichen Beobachter zeigt. Da er jedoch
der Lehre Newtons zugethan iſt, ſo ſucht er die Phaͤ-
nomene nach derſelben zu erklaͤren, oder vielmehr ſie
ihr anzupaſſen. Die Umkehrung eines hellen Bildes im
Auge in ein dunkles, eines dunklen in ein helles, nach
verſchiedenen gegebenen Bedingungen, (E. 15. ff.) erklaͤrte
man, wie am angefuͤhrten Orte erſichtlich iſt. Nun
ſchlug Pater Scherffer zu Erklaͤrung der farbig mit ein-
ander abwechſelnden Erſcheinungen folgenden Weg ein.
Er legt jenen mangelhaften Newtoniſchen Farben-
kreis (P. 592—94.) zum Grunde, deſſen Zuſammen-
miſchung Weiß geben ſoll. Dann fragt er, was fuͤr
eine Farbe z. B. entſtehen wuͤrde, wenn man aus die-
ſem Kreiſe das Gruͤn hinwegnaͤhme? Nun faͤngt er an
zu rechnen, zu operiren, Schwerpuncte zu ſuchen, und
findet, daß ein Violett entſtehen muͤſſe, welches zwar,
wie er ſelbſt ſagt, in der Erfahrung nicht entſteht,
wohl aber ein Roth, das er dann eben auch gelten
laͤßt.
Nun ſoll das Auge, wenn es von den gruͤnen
Strahlen afficirt worden, der gruͤne Gegenſtand aber
weggehoben wird, ſich in einer Art von Nothwendig-
keit befinden, von dem Reſultat der ſaͤmmtlichen uͤbri-
gen Strahlen afficirt zu werden.
Da nun aber dieſe Reſultate niemals rein zutref-
fen — und wie waͤre es auch moͤglich, indem das voll-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/610>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.