Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
Güyot.

Nouvelles Recreations physiques et mathema-
tiques, a Paris,
1769-70. 4 Bände in 8.

Man kann nicht oft genug wiederholen, daß eine
Theorie sich nicht besser bewährt, als wenn sie dem
Praktiker sein Urtheil erleichtert und seine Anwendun-
gen fördert. Bey der Newtonischen ist gerade das
Gegentheil: sie steht Jedem im Wege, der mit Far-
ben irgend etwas beginnen will; und dieß ist auch
hier der Fall, bey einem Manne, der sich unter an-
dern physischen Erscheinungen und Kräften auch der
Farben zu mancherley Kunststücken und Erheiterungen
bedienen will.

Er findet bald, daß er, um alle Farben hervor-
zubringen, nur drey Hauptfarben bedarf, die er also
auch wohl Ur- und Grundfarben nennen mag. Er
bringt diese in helleren, sich nach und nach verdun-
kelnden Reihen auf durchscheinendes, über Quadrat-
Rahmen gespanntes Papier, bedient sich dieser erst
einzeln, nachher aber dergestalt mit einander verbun-
den, daß die hellern und dunklern Streifen übers
Kreuz zu stehen kommen; und so entspringen wirklich
alle Farbenschattirungen, sowohl in Absicht auf Mi-
schung als auf Erhellung und Verdunkelung, zu wel-
chem letztern Zwecke er jedoch noch eine besondere Vor-
richtung macht.

Guͤyot.

Nouvelles Récréations physiques et mathéma-
tiques, à Paris,
1769-70. 4 Baͤnde in 8.

Man kann nicht oft genug wiederholen, daß eine
Theorie ſich nicht beſſer bewaͤhrt, als wenn ſie dem
Praktiker ſein Urtheil erleichtert und ſeine Anwendun-
gen foͤrdert. Bey der Newtoniſchen iſt gerade das
Gegentheil: ſie ſteht Jedem im Wege, der mit Far-
ben irgend etwas beginnen will; und dieß iſt auch
hier der Fall, bey einem Manne, der ſich unter an-
dern phyſiſchen Erſcheinungen und Kraͤften auch der
Farben zu mancherley Kunſtſtuͤcken und Erheiterungen
bedienen will.

Er findet bald, daß er, um alle Farben hervor-
zubringen, nur drey Hauptfarben bedarf, die er alſo
auch wohl Ur- und Grundfarben nennen mag. Er
bringt dieſe in helleren, ſich nach und nach verdun-
kelnden Reihen auf durchſcheinendes, uͤber Quadrat-
Rahmen geſpanntes Papier, bedient ſich dieſer erſt
einzeln, nachher aber dergeſtalt mit einander verbun-
den, daß die hellern und dunklern Streifen uͤbers
Kreuz zu ſtehen kommen; und ſo entſpringen wirklich
alle Farbenſchattirungen, ſowohl in Abſicht auf Mi-
ſchung als auf Erhellung und Verdunkelung, zu wel-
chem letztern Zwecke er jedoch noch eine beſondere Vor-
richtung macht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0632" n="598"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Gu&#x0364;yot</hi>.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Nouvelles Récréations physiques et mathéma-<lb/>
tiques, à Paris,</hi> 1769-70. 4 Ba&#x0364;nde in 8.</p><lb/>
            <p>Man kann nicht oft genug wiederholen, daß eine<lb/>
Theorie &#x017F;ich nicht be&#x017F;&#x017F;er bewa&#x0364;hrt, als wenn &#x017F;ie dem<lb/>
Praktiker &#x017F;ein Urtheil erleichtert und &#x017F;eine Anwendun-<lb/>
gen fo&#x0364;rdert. Bey der Newtoni&#x017F;chen i&#x017F;t gerade das<lb/>
Gegentheil: &#x017F;ie &#x017F;teht Jedem im Wege, der mit Far-<lb/>
ben irgend etwas beginnen will; und dieß i&#x017F;t auch<lb/>
hier der Fall, bey einem Manne, der &#x017F;ich unter an-<lb/>
dern phy&#x017F;i&#x017F;chen Er&#x017F;cheinungen und Kra&#x0364;ften auch der<lb/>
Farben zu mancherley Kun&#x017F;t&#x017F;tu&#x0364;cken und Erheiterungen<lb/>
bedienen will.</p><lb/>
            <p>Er findet bald, daß er, um alle Farben hervor-<lb/>
zubringen, nur drey Hauptfarben bedarf, die er al&#x017F;o<lb/>
auch wohl Ur- und Grundfarben nennen mag. Er<lb/>
bringt die&#x017F;e in helleren, &#x017F;ich nach und nach verdun-<lb/>
kelnden Reihen auf durch&#x017F;cheinendes, u&#x0364;ber Quadrat-<lb/>
Rahmen ge&#x017F;panntes Papier, bedient &#x017F;ich die&#x017F;er er&#x017F;t<lb/>
einzeln, nachher aber derge&#x017F;talt mit einander verbun-<lb/>
den, daß die hellern und dunklern Streifen u&#x0364;bers<lb/>
Kreuz zu &#x017F;tehen kommen; und &#x017F;o ent&#x017F;pringen wirklich<lb/>
alle Farben&#x017F;chattirungen, &#x017F;owohl in Ab&#x017F;icht auf Mi-<lb/>
&#x017F;chung als auf Erhellung und Verdunkelung, zu wel-<lb/>
chem letztern Zwecke er jedoch noch eine be&#x017F;ondere Vor-<lb/>
richtung macht.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[598/0632] Guͤyot. Nouvelles Récréations physiques et mathéma- tiques, à Paris, 1769-70. 4 Baͤnde in 8. Man kann nicht oft genug wiederholen, daß eine Theorie ſich nicht beſſer bewaͤhrt, als wenn ſie dem Praktiker ſein Urtheil erleichtert und ſeine Anwendun- gen foͤrdert. Bey der Newtoniſchen iſt gerade das Gegentheil: ſie ſteht Jedem im Wege, der mit Far- ben irgend etwas beginnen will; und dieß iſt auch hier der Fall, bey einem Manne, der ſich unter an- dern phyſiſchen Erſcheinungen und Kraͤften auch der Farben zu mancherley Kunſtſtuͤcken und Erheiterungen bedienen will. Er findet bald, daß er, um alle Farben hervor- zubringen, nur drey Hauptfarben bedarf, die er alſo auch wohl Ur- und Grundfarben nennen mag. Er bringt dieſe in helleren, ſich nach und nach verdun- kelnden Reihen auf durchſcheinendes, uͤber Quadrat- Rahmen geſpanntes Papier, bedient ſich dieſer erſt einzeln, nachher aber dergeſtalt mit einander verbun- den, daß die hellern und dunklern Streifen uͤbers Kreuz zu ſtehen kommen; und ſo entſpringen wirklich alle Farbenſchattirungen, ſowohl in Abſicht auf Mi- ſchung als auf Erhellung und Verdunkelung, zu wel- chem letztern Zwecke er jedoch noch eine beſondere Vor- richtung macht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/632
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/632>, abgerufen am 22.11.2024.