eine farbige, heterogene dunkle Materie schwimmt be- ständig in dieser Flüssigkeit."
"Wenn nicht in dem Lichte eine achromatische Flüssigkeit existirte, so würde die Intensität der Far- ben des Lichts in jeder seiner Arten immer dieselbe seyn; z. B. das Rothe würde immer dieselbe Stärke behalten, ohne sich zum hellern diluiren, oder zum Dunklern concentriren zu können. Nun aber zeigt die Erfahrung, daß die Farben des Lichts sich concentri- ren und diluiren, ohne ihre Natur zu verändern; also folgt, daß in demselben Lichte eine achromatische Ma- terie existiren muß, die dergleichen Modificationen hervorzubringen vermögend ist."
"So muß auch die farbige Materie des Lichts nicht homogen seyn: denn wäre sie bloß von Einer Natur, z. B. roth; so würde man in allen Körpern nichts mehr sehen als diese Farbe, hell oder dunkel, nach dem Grade der Intensität oder der Verdünnung des Lichts. Nun aber sieht man in den Körpern eine erstaunliche Mannigfaltigkeit verschiedener Farben, nicht nur der Intensität sondern auch der Qualität nach; folglich ist die farbige Materie, welche in der achro- matischen Flüssigkeit schwimmt, nicht homogen, son- dern von verschiedenen Beschaffenheiten."
"Durch eine Reihe neuer und entschiedener Expe- rimente, die von mir über das Licht gemacht worden, ist es hinlänglich bewiesen, daß es eine farbige Ma-
eine farbige, heterogene dunkle Materie ſchwimmt be- ſtaͤndig in dieſer Fluͤſſigkeit.“
„Wenn nicht in dem Lichte eine achromatiſche Fluͤſſigkeit exiſtirte, ſo wuͤrde die Intenſitaͤt der Far- ben des Lichts in jeder ſeiner Arten immer dieſelbe ſeyn; z. B. das Rothe wuͤrde immer dieſelbe Staͤrke behalten, ohne ſich zum hellern diluiren, oder zum Dunklern concentriren zu koͤnnen. Nun aber zeigt die Erfahrung, daß die Farben des Lichts ſich concentri- ren und diluiren, ohne ihre Natur zu veraͤndern; alſo folgt, daß in demſelben Lichte eine achromatiſche Ma- terie exiſtiren muß, die dergleichen Modificationen hervorzubringen vermoͤgend iſt.“
„So muß auch die farbige Materie des Lichts nicht homogen ſeyn: denn waͤre ſie bloß von Einer Natur, z. B. roth; ſo wuͤrde man in allen Koͤrpern nichts mehr ſehen als dieſe Farbe, hell oder dunkel, nach dem Grade der Intenſitaͤt oder der Verduͤnnung des Lichts. Nun aber ſieht man in den Koͤrpern eine erſtaunliche Mannigfaltigkeit verſchiedener Farben, nicht nur der Intenſitaͤt ſondern auch der Qualitaͤt nach; folglich iſt die farbige Materie, welche in der achro- matiſchen Fluͤſſigkeit ſchwimmt, nicht homogen, ſon- dern von verſchiedenen Beſchaffenheiten.“
„Durch eine Reihe neuer und entſchiedener Expe- rimente, die von mir uͤber das Licht gemacht worden, iſt es hinlaͤnglich bewieſen, daß es eine farbige Ma-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0652"n="618"/>
eine farbige, heterogene dunkle Materie ſchwimmt be-<lb/>ſtaͤndig in dieſer Fluͤſſigkeit.“</p><lb/><p>„Wenn nicht in dem Lichte eine achromatiſche<lb/>
Fluͤſſigkeit exiſtirte, ſo wuͤrde die Intenſitaͤt der Far-<lb/>
ben des Lichts in jeder ſeiner Arten immer dieſelbe<lb/>ſeyn; z. B. das Rothe wuͤrde immer dieſelbe Staͤrke<lb/>
behalten, ohne ſich zum hellern diluiren, oder zum<lb/>
Dunklern concentriren zu koͤnnen. Nun aber zeigt die<lb/>
Erfahrung, daß die Farben des Lichts ſich concentri-<lb/>
ren und diluiren, ohne ihre Natur zu veraͤndern; alſo<lb/>
folgt, daß in demſelben Lichte eine achromatiſche Ma-<lb/>
terie exiſtiren muß, die dergleichen Modificationen<lb/>
hervorzubringen vermoͤgend iſt.“</p><lb/><p>„So muß auch die farbige Materie des Lichts<lb/>
nicht homogen ſeyn: denn waͤre ſie bloß von Einer<lb/>
Natur, z. B. roth; ſo wuͤrde man in allen Koͤrpern<lb/>
nichts mehr ſehen als dieſe Farbe, hell oder dunkel,<lb/>
nach dem Grade der Intenſitaͤt oder der Verduͤnnung<lb/>
des Lichts. Nun aber ſieht man in den Koͤrpern eine<lb/>
erſtaunliche Mannigfaltigkeit verſchiedener Farben, nicht<lb/>
nur der Intenſitaͤt ſondern auch der Qualitaͤt nach;<lb/>
folglich iſt die farbige Materie, welche in der achro-<lb/>
matiſchen Fluͤſſigkeit ſchwimmt, nicht homogen, ſon-<lb/>
dern von verſchiedenen Beſchaffenheiten.“</p><lb/><p>„Durch eine Reihe neuer und entſchiedener Expe-<lb/>
rimente, die von mir uͤber das Licht gemacht worden,<lb/>
iſt es hinlaͤnglich bewieſen, daß es eine farbige Ma-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[618/0652]
eine farbige, heterogene dunkle Materie ſchwimmt be-
ſtaͤndig in dieſer Fluͤſſigkeit.“
„Wenn nicht in dem Lichte eine achromatiſche
Fluͤſſigkeit exiſtirte, ſo wuͤrde die Intenſitaͤt der Far-
ben des Lichts in jeder ſeiner Arten immer dieſelbe
ſeyn; z. B. das Rothe wuͤrde immer dieſelbe Staͤrke
behalten, ohne ſich zum hellern diluiren, oder zum
Dunklern concentriren zu koͤnnen. Nun aber zeigt die
Erfahrung, daß die Farben des Lichts ſich concentri-
ren und diluiren, ohne ihre Natur zu veraͤndern; alſo
folgt, daß in demſelben Lichte eine achromatiſche Ma-
terie exiſtiren muß, die dergleichen Modificationen
hervorzubringen vermoͤgend iſt.“
„So muß auch die farbige Materie des Lichts
nicht homogen ſeyn: denn waͤre ſie bloß von Einer
Natur, z. B. roth; ſo wuͤrde man in allen Koͤrpern
nichts mehr ſehen als dieſe Farbe, hell oder dunkel,
nach dem Grade der Intenſitaͤt oder der Verduͤnnung
des Lichts. Nun aber ſieht man in den Koͤrpern eine
erſtaunliche Mannigfaltigkeit verſchiedener Farben, nicht
nur der Intenſitaͤt ſondern auch der Qualitaͤt nach;
folglich iſt die farbige Materie, welche in der achro-
matiſchen Fluͤſſigkeit ſchwimmt, nicht homogen, ſon-
dern von verſchiedenen Beſchaffenheiten.“
„Durch eine Reihe neuer und entſchiedener Expe-
rimente, die von mir uͤber das Licht gemacht worden,
iſt es hinlaͤnglich bewieſen, daß es eine farbige Ma-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/652>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.