Phosphoren leuchtend macht, nur als Licht wirkt, da- her denn auch lichtlose Electricität keinen Erdphosphor oder ähnlichen leuchtenden Körper zum Phosphoresciren bringt. Hierüber, und über das Leuchten als chemi- schen Prozeß, an einem andern Orte mehr.
Die genannten Phosphoren und überhaupt alle Substanzen, welche im Dunkeln glühend erscheinen, nachdem sie dem Licht der Sonne oder einer andern star- ken Beleuchtung ausgesetzt werden, leuchten schon in diesem Lichte selbst. Hiervon kann man sich am besten überzeugen, wenn man Erdphosphoren, welche ein- zelne nichtleuchtende Stellen haben, dem durch ein recht dunkelblaues oder violettes Glas einfallenden Son- nenlichte entgegen hält; die leuchtenden Stellen, be- sonders die gelbroth leuchtenden der Bononischen Phos- phoren, sieht man nun deutlich glühen, in dem Au- genblicke wie sie ins Licht kommen, (ja die empfind- lichern schon in einiger Entfernung von dem vollen Lichte,) die nichtleuchtenden Stellen dagegen haben die Farbe des Glases, sehen blau oder violett aus. Vor dem gelbrothen Glase, wo sie bekanntlich nicht leuch- tend werden, erscheinen sie ganz einfarbig. Das Leuch- ten im Dunkeln ist also nur ein Beharren in dem Zu- stande, den der fremde leuchtende Körper hervorrief, ein Nachklingen, Verklingen.
Vorstehendes will Beccaria anders gefunden ha- ben; nach ihm wurde der Bologneser Phosphor unter
Phosphoren leuchtend macht, nur als Licht wirkt, da- her denn auch lichtloſe Electricitaͤt keinen Erdphosphor oder aͤhnlichen leuchtenden Koͤrper zum Phosphoresciren bringt. Hieruͤber, und uͤber das Leuchten als chemi- ſchen Prozeß, an einem andern Orte mehr.
Die genannten Phosphoren und uͤberhaupt alle Subſtanzen, welche im Dunkeln gluͤhend erſcheinen, nachdem ſie dem Licht der Sonne oder einer andern ſtar- ken Beleuchtung ausgeſetzt werden, leuchten ſchon in dieſem Lichte ſelbſt. Hiervon kann man ſich am beſten uͤberzeugen, wenn man Erdphosphoren, welche ein- zelne nichtleuchtende Stellen haben, dem durch ein recht dunkelblaues oder violettes Glas einfallenden Son- nenlichte entgegen haͤlt; die leuchtenden Stellen, be- ſonders die gelbroth leuchtenden der Bononiſchen Phos- phoren, ſieht man nun deutlich gluͤhen, in dem Au- genblicke wie ſie ins Licht kommen, (ja die empfind- lichern ſchon in einiger Entfernung von dem vollen Lichte,) die nichtleuchtenden Stellen dagegen haben die Farbe des Glaſes, ſehen blau oder violett aus. Vor dem gelbrothen Glaſe, wo ſie bekanntlich nicht leuch- tend werden, erſcheinen ſie ganz einfarbig. Das Leuch- ten im Dunkeln iſt alſo nur ein Beharren in dem Zu- ſtande, den der fremde leuchtende Koͤrper hervorrief, ein Nachklingen, Verklingen.
Vorſtehendes will Beccaria anders gefunden ha- ben; nach ihm wurde der Bologneſer Phosphor unter
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Phosphoren leuchtend macht, nur als Licht wirkt, da-
her denn auch lichtloſe Electricitaͤt keinen Erdphosphor
oder aͤhnlichen leuchtenden Koͤrper zum Phosphoresciren
bringt. Hieruͤber, und uͤber das Leuchten als chemi-
ſchen Prozeß, an einem andern Orte mehr.
Die genannten Phosphoren und uͤberhaupt alle
Subſtanzen, welche im Dunkeln gluͤhend erſcheinen,
nachdem ſie dem Licht der Sonne oder einer andern ſtar-
ken Beleuchtung ausgeſetzt werden, leuchten ſchon in
dieſem Lichte ſelbſt. Hiervon kann man ſich am beſten
uͤberzeugen, wenn man Erdphosphoren, welche ein-
zelne nichtleuchtende Stellen haben, dem durch ein
recht dunkelblaues oder violettes Glas einfallenden Son-
nenlichte entgegen haͤlt; die leuchtenden Stellen, be-
ſonders die gelbroth leuchtenden der Bononiſchen Phos-
phoren, ſieht man nun deutlich gluͤhen, in dem Au-
genblicke wie ſie ins Licht kommen, (ja die empfind-
lichern ſchon in einiger Entfernung von dem vollen
Lichte,) die nichtleuchtenden Stellen dagegen haben die
Farbe des Glaſes, ſehen blau oder violett aus. Vor
dem gelbrothen Glaſe, wo ſie bekanntlich nicht leuch-
tend werden, erſcheinen ſie ganz einfarbig. Das Leuch-
ten im Dunkeln iſt alſo nur ein Beharren in dem Zu-
ſtande, den der fremde leuchtende Koͤrper hervorrief,
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 709. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/743>, abgerufen am 22.11.2024.
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