Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.
So bist du reich. Verlier' die Vier! Aus Fünf und Sechs, So sagt die Hex', Mach' Sieben und Acht, So ist's vollbracht: Und Neun ist Eins, Und Zehn ist keins. Das ist das Hexen-Einmal-Eins! Faust. Mich dünkt, die Alte spricht im Fieber. Mephistopheles. Das ist noch lange nicht vorüber, Ich kenn' es wohl, so klingt das ganze Buch; Ich habe manche Zeit damit verloren, Denn ein vollkommner Widerspruch Bleibt gleich geheimnißvoll für Kluge wie für Tho[r]en. Mein Freund, die Kunst ist alt und neu. Es war die Art zu allen Zeiten, Durch Drey und Eins, und Eins und Drey Irrthum statt Wahrheit zu verbreiten. So schwätzt und lehrt man ungestört;
So biſt du reich. Verlier’ die Vier! Aus Fuͤnf und Sechs, So ſagt die Hex’, Mach’ Sieben und Acht, So iſt’s vollbracht: Und Neun iſt Eins, Und Zehn iſt keins. Das iſt das Hexen-Einmal-Eins! Fauſt. Mich duͤnkt, die Alte ſpricht im Fieber. Mephiſtopheles. Das iſt noch lange nicht voruͤber, Ich kenn’ es wohl, ſo klingt das ganze Buch; Ich habe manche Zeit damit verloren, Denn ein vollkommner Widerſpruch Bleibt gleich geheimnißvoll fuͤr Kluge wie fuͤr Tho[r]en. Mein Freund, die Kunſt iſt alt und neu. Es war die Art zu allen Zeiten, Durch Drey und Eins, und Eins und Drey Irrthum ſtatt Wahrheit zu verbreiten. So ſchwaͤtzt und lehrt man ungeſtoͤrt; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#HEX"> <p><pb facs="#f0168" n="162"/> So biſt du reich.<lb/> Verlier’ die Vier!<lb/> Aus Fuͤnf und Sechs,<lb/> So ſagt die Hex’,<lb/> Mach’ Sieben und Acht,<lb/> So iſt’s vollbracht:<lb/> Und Neun iſt Eins,<lb/> Und Zehn iſt keins.<lb/> Das iſt das Hexen-Einmal-Eins!</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Mich duͤnkt, die Alte ſpricht im Fieber.</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>Das iſt noch lange nicht voruͤber,<lb/> Ich kenn’ es wohl, ſo klingt das ganze Buch;<lb/> Ich habe manche Zeit damit verloren,<lb/> Denn ein vollkommner Widerſpruch<lb/> Bleibt gleich geheimnißvoll fuͤr Kluge wie fuͤr Tho<supplied>r</supplied>en.<lb/> Mein Freund, die Kunſt iſt alt und neu.<lb/> Es war die Art zu allen Zeiten,<lb/> Durch Drey und Eins, und Eins und Drey<lb/> Irrthum ſtatt Wahrheit zu verbreiten.<lb/> So ſchwaͤtzt und lehrt man ungeſtoͤrt;<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [162/0168]
So biſt du reich.
Verlier’ die Vier!
Aus Fuͤnf und Sechs,
So ſagt die Hex’,
Mach’ Sieben und Acht,
So iſt’s vollbracht:
Und Neun iſt Eins,
Und Zehn iſt keins.
Das iſt das Hexen-Einmal-Eins!
Fauſt.
Mich duͤnkt, die Alte ſpricht im Fieber.
Mephiſtopheles.
Das iſt noch lange nicht voruͤber,
Ich kenn’ es wohl, ſo klingt das ganze Buch;
Ich habe manche Zeit damit verloren,
Denn ein vollkommner Widerſpruch
Bleibt gleich geheimnißvoll fuͤr Kluge wie fuͤr Thoren.
Mein Freund, die Kunſt iſt alt und neu.
Es war die Art zu allen Zeiten,
Durch Drey und Eins, und Eins und Drey
Irrthum ſtatt Wahrheit zu verbreiten.
So ſchwaͤtzt und lehrt man ungeſtoͤrt;
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