Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Er saß beym Königsmahle,
Die Ritter um ihn her,
Auf hohem Väter-Saale,
Dort auf dem Schloß am Meer.

Dort stand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensgluth,
Und warf den heiligen Becher
Hinunter in die Fluth.

Er sah ihn stürzen, trinken
Und sinken tief ins Meer,
Die Augen thäten ihm sinken,
Trank nie einen Tropfen mehr.

Sie eröffnet den Schrein, ihre Kleider einzuräumen, und erblickt das
Schmuckkästchen.

Wie kommt das schöne Kästchen hier herein?
Ich schloß doch ganz gewiß den Schrein.
Es ist doch wunderbar! Was mag wohl drinne seyn?
Vielleicht bracht's jemand als ein Pfand,
Und meine Mutter lieh darauf.
Da hängt ein Schlüsselchen am Band,
Er ſaß beym Koͤnigsmahle,
Die Ritter um ihn her,
Auf hohem Vaͤter-Saale,
Dort auf dem Schloß am Meer.

Dort ſtand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensgluth,
Und warf den heiligen Becher
Hinunter in die Fluth.

Er ſah ihn ſtuͤrzen, trinken
Und ſinken tief ins Meer,
Die Augen thaͤten ihm ſinken,
Trank nie einen Tropfen mehr.

Sie eröffnet den Schrein, ihre Kleider einzuräumen, und erblickt das
Schmuckkäſtchen.

Wie kommt das ſchoͤne Kaͤſtchen hier herein?
Ich ſchloß doch ganz gewiß den Schrein.
Es iſt doch wunderbar! Was mag wohl drinne ſeyn?
Vielleicht bracht’s jemand als ein Pfand,
Und meine Mutter lieh darauf.
Da haͤngt ein Schluͤſſelchen am Band,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MARGA">
            <pb facs="#f0184" n="178"/>
            <p> <hi rendition="#c">Er &#x017F;aß beym Ko&#x0364;nigsmahle,<lb/>
Die Ritter um ihn her,<lb/>
Auf hohem Va&#x0364;ter-Saale,<lb/>
Dort auf dem Schloß am Meer.</hi> </p><lb/>
            <p> <hi rendition="#c">Dort &#x017F;tand der alte Zecher,<lb/>
Trank letzte Lebensgluth,<lb/>
Und warf den heiligen Becher<lb/>
Hinunter in die Fluth.</hi> </p><lb/>
            <p> <hi rendition="#c">Er &#x017F;ah ihn &#x017F;tu&#x0364;rzen, trinken<lb/>
Und &#x017F;inken tief ins Meer,<lb/>
Die Augen tha&#x0364;ten ihm &#x017F;inken,<lb/>
Trank nie einen Tropfen mehr.</hi> </p><lb/>
            <stage>Sie eröffnet den Schrein, ihre Kleider einzuräumen, und erblickt das<lb/>
Schmuckkä&#x017F;tchen.</stage><lb/>
            <p>Wie kommt das &#x017F;cho&#x0364;ne Ka&#x0364;&#x017F;tchen hier herein?<lb/>
Ich &#x017F;chloß doch ganz gewiß den Schrein.<lb/>
Es i&#x017F;t doch wunderbar! Was mag wohl drinne &#x017F;eyn?<lb/>
Vielleicht bracht&#x2019;s jemand als ein Pfand,<lb/>
Und meine Mutter lieh darauf.<lb/>
Da ha&#x0364;ngt ein Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;elchen am Band,<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0184] Er ſaß beym Koͤnigsmahle, Die Ritter um ihn her, Auf hohem Vaͤter-Saale, Dort auf dem Schloß am Meer. Dort ſtand der alte Zecher, Trank letzte Lebensgluth, Und warf den heiligen Becher Hinunter in die Fluth. Er ſah ihn ſtuͤrzen, trinken Und ſinken tief ins Meer, Die Augen thaͤten ihm ſinken, Trank nie einen Tropfen mehr. Sie eröffnet den Schrein, ihre Kleider einzuräumen, und erblickt das Schmuckkäſtchen. Wie kommt das ſchoͤne Kaͤſtchen hier herein? Ich ſchloß doch ganz gewiß den Schrein. Es iſt doch wunderbar! Was mag wohl drinne ſeyn? Vielleicht bracht’s jemand als ein Pfand, Und meine Mutter lieh darauf. Da haͤngt ein Schluͤſſelchen am Band,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/184
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/184>, abgerufen am 21.11.2024.