Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.
Es ist ein Zauberbild, ist leblos, ein Idol. Ihm zu begegnen ist nicht gut, Vom starren Blick erstarrt des Menschen Blut, Und er wird fast in Stein verkehrt, Von der Meduse hast du ja gehört. Faust. Fürwahr es sind die Augen eines Todten, Die eine liebende Hand nicht schloß. Das ist die Brust, die Gretchen mir geboten, Das ist der süße Leib, den ich genoß. Mephistopheles. Das ist die Zauberey, du leicht verführter Thor! Denn jedem kommt sie wie sein Liebchen vor. Faust. Welch eine Wonne! welch ein Leiden! Ich kann von diesem Blick nicht scheiden. Wie sonderbar muß diesen schönen Hals Ein einzig rothes Schnürchen schmücken, Nicht breiter als ein Messerrücken! Mephistopheles. Ganz recht! ich seh' es ebenfalls. Sie kann das Haupt auch unterm Arme tragen;
Es iſt ein Zauberbild, iſt leblos, ein Idol. Ihm zu begegnen iſt nicht gut, Vom ſtarren Blick erſtarrt des Menſchen Blut, Und er wird faſt in Stein verkehrt, Von der Meduſe haſt du ja gehoͤrt. Fauſt. Fuͤrwahr es ſind die Augen eines Todten, Die eine liebende Hand nicht ſchloß. Das iſt die Bruſt, die Gretchen mir geboten, Das iſt der ſuͤße Leib, den ich genoß. Mephiſtopheles. Das iſt die Zauberey, du leicht verfuͤhrter Thor! Denn jedem kommt ſie wie ſein Liebchen vor. Fauſt. Welch eine Wonne! welch ein Leiden! Ich kann von dieſem Blick nicht ſcheiden. Wie ſonderbar muß dieſen ſchoͤnen Hals Ein einzig rothes Schnuͤrchen ſchmuͤcken, Nicht breiter als ein Meſſerruͤcken! Mephiſtopheles. Ganz recht! ich ſeh’ es ebenfalls. Sie kann das Haupt auch unterm Arme tragen; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#MEP"> <p><pb facs="#f0283" n="277"/> Es iſt ein Zauberbild, iſt leblos, ein Idol.<lb/> Ihm zu begegnen iſt nicht gut,<lb/> Vom ſtarren Blick erſtarrt des Menſchen Blut,<lb/> Und er wird faſt in Stein verkehrt,<lb/> Von der Meduſe haſt du ja gehoͤrt.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Fuͤrwahr es ſind die Augen eines Todten,<lb/> Die eine liebende Hand nicht ſchloß.<lb/> Das iſt die Bruſt, die Gretchen mir geboten,<lb/> Das iſt der ſuͤße Leib, den ich genoß.</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>Das iſt die Zauberey, du leicht verfuͤhrter Thor!<lb/> Denn jedem kommt ſie wie ſein Liebchen vor.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Welch eine Wonne! welch ein Leiden!<lb/> Ich kann von dieſem Blick nicht ſcheiden.<lb/> Wie ſonderbar muß dieſen ſchoͤnen Hals<lb/> Ein einzig rothes Schnuͤrchen ſchmuͤcken,<lb/> Nicht breiter als ein Meſſerruͤcken!</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>Ganz recht! ich ſeh’ es ebenfalls.<lb/> Sie kann das Haupt auch unterm Arme tragen;<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [277/0283]
Es iſt ein Zauberbild, iſt leblos, ein Idol.
Ihm zu begegnen iſt nicht gut,
Vom ſtarren Blick erſtarrt des Menſchen Blut,
Und er wird faſt in Stein verkehrt,
Von der Meduſe haſt du ja gehoͤrt.
Fauſt.
Fuͤrwahr es ſind die Augen eines Todten,
Die eine liebende Hand nicht ſchloß.
Das iſt die Bruſt, die Gretchen mir geboten,
Das iſt der ſuͤße Leib, den ich genoß.
Mephiſtopheles.
Das iſt die Zauberey, du leicht verfuͤhrter Thor!
Denn jedem kommt ſie wie ſein Liebchen vor.
Fauſt.
Welch eine Wonne! welch ein Leiden!
Ich kann von dieſem Blick nicht ſcheiden.
Wie ſonderbar muß dieſen ſchoͤnen Hals
Ein einzig rothes Schnuͤrchen ſchmuͤcken,
Nicht breiter als ein Meſſerruͤcken!
Mephiſtopheles.
Ganz recht! ich ſeh’ es ebenfalls.
Sie kann das Haupt auch unterm Arme tragen;
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/283>, abgerufen am 16.07.2024. |