Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808. Es klo[p]ft. O Tod! ich kenn's -- das ist mein Famulus -- Es wird mein schönstes Glück zu nichte! Daß diese Fülle der Gesichte Der trockne Schleicher stören muß! Wagner im Schlafrocke und der Nachtmütze, eine Lam[p]e in der Hand. Faust wendet sich unwillig. Wagner. Verzeiht! ich hör' euch declamiren; Ihr las't gewiß ein griechisch Trauerspiel? In dieser Kunst möcht' ich 'was profitiren, Denn heut zu Tage wirkt das viel. Ich hab' es öfters rühmen hören, Ein Komödiant könnt' einen Pfarrer lehren. Faust. Ja, wenn der Pfarrer ein Komödiant ist; Wie das denn wohl zu Zeiten kommen mag. Wagner. Ach! wenn man so in sein Museum gebannt ist, Und sieht die Welt kaum einen Feyertag, Kaum durch ein Fernglas, nur von weiten, Wie soll man sie durch Ueberredung leiten? Es klo[p]ft. O Tod! ich kenn’s — das iſt mein Famulus — Es wird mein ſchoͤnſtes Gluͤck zu nichte! Daß dieſe Fuͤlle der Geſichte Der trockne Schleicher ſtoͤren muß! Wagner im Schlafrocke und der Nachtmütze, eine Lam[p]e in der Hand. Fauſt wendet ſich unwillig. Wagner. Verzeiht! ich hoͤr’ euch declamiren; Ihr laſ’t gewiß ein griechiſch Trauerſpiel? In dieſer Kunſt moͤcht’ ich ’was profitiren, Denn heut zu Tage wirkt das viel. Ich hab’ es oͤfters ruͤhmen hoͤren, Ein Komoͤdiant koͤnnt’ einen Pfarrer lehren. Fauſt. Ja, wenn der Pfarrer ein Komoͤdiant iſt; Wie das denn wohl zu Zeiten kommen mag. Wagner. Ach! wenn man ſo in ſein Muſeum gebannt iſt, Und ſieht die Welt kaum einen Feyertag, Kaum durch ein Fernglas, nur von weiten, Wie ſoll man ſie durch Ueberredung leiten? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#FAU"> <pb facs="#f0048" n="42"/> <stage>Es klo<supplied>p</supplied>ft.</stage><lb/> <p>O Tod! ich kenn’s — das iſt mein Famulus —<lb/> Es wird mein ſchoͤnſtes Gluͤck zu nichte!<lb/> Daß dieſe Fuͤlle der Geſichte<lb/> Der trockne Schleicher ſtoͤren muß!</p><lb/> <stage><hi rendition="#g">Wagner</hi> im Schlafrocke und der Nachtmütze, eine Lam<supplied>p</supplied>e<lb/> in der Hand. Fauſt wendet ſich unwillig.</stage> </sp><lb/> <sp who="#WAG"> <speaker><hi rendition="#g">Wagner</hi>.</speaker><lb/> <p>Verzeiht! ich hoͤr’ euch declamiren;<lb/> Ihr laſ’t gewiß ein griechiſch Trauerſpiel?<lb/> In dieſer Kunſt moͤcht’ ich ’was profitiren,<lb/> Denn heut zu Tage wirkt das viel.<lb/> Ich hab’ es oͤfters ruͤhmen hoͤren,<lb/> Ein Komoͤdiant koͤnnt’ einen Pfarrer lehren.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Ja, wenn der Pfarrer ein Komoͤdiant iſt;<lb/> Wie das denn wohl zu Zeiten kommen mag.</p> </sp><lb/> <sp who="#WAG"> <speaker><hi rendition="#g">Wagner</hi>.</speaker><lb/> <p>Ach! wenn man ſo in ſein Muſeum gebannt iſt,<lb/> Und ſieht die Welt kaum einen Feyertag,<lb/> Kaum durch ein Fernglas, nur von weiten,<lb/> Wie ſoll man ſie durch Ueberredung leiten?</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [42/0048]
Es klopft.
O Tod! ich kenn’s — das iſt mein Famulus —
Es wird mein ſchoͤnſtes Gluͤck zu nichte!
Daß dieſe Fuͤlle der Geſichte
Der trockne Schleicher ſtoͤren muß!
Wagner im Schlafrocke und der Nachtmütze, eine Lampe
in der Hand. Fauſt wendet ſich unwillig.
Wagner.
Verzeiht! ich hoͤr’ euch declamiren;
Ihr laſ’t gewiß ein griechiſch Trauerſpiel?
In dieſer Kunſt moͤcht’ ich ’was profitiren,
Denn heut zu Tage wirkt das viel.
Ich hab’ es oͤfters ruͤhmen hoͤren,
Ein Komoͤdiant koͤnnt’ einen Pfarrer lehren.
Fauſt.
Ja, wenn der Pfarrer ein Komoͤdiant iſt;
Wie das denn wohl zu Zeiten kommen mag.
Wagner.
Ach! wenn man ſo in ſein Muſeum gebannt iſt,
Und ſieht die Welt kaum einen Feyertag,
Kaum durch ein Fernglas, nur von weiten,
Wie ſoll man ſie durch Ueberredung leiten?
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