Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832. Ritter. Gelegentlich nimmt jeder sich das Beste; Ich hielte mich an diese schönen Reste. Gelahrter. Ich seh' sie deutlich, doch gesteh' ich frei, Zu zweifeln ist ob sie die rechte sey. Die Gegenwart verführt in's Uebertriebne, Ich halte mich vor allem an's Geschriebne. Da les' ich denn: sie habe wirklich allen Graubärten Troja's sonderlich gefallen; Und wie mich dünkt, vollkommen paßt das hier, Ich bin nicht jung und doch gefällt sie mir. Astrolog. Nicht Knabe mehr! Ein kühner Heldenmann Umfaßt er sie, die kaum sich wehren kann. Gestärkten Arms hebt er sie hoch empor, Entführt er sie wohl gar? Faust. Verwegner Thor! Du wagst! Du hörst nicht! halt! das ist zu viel. Mephistopheles. Machst du's doch selbst das Fratzengeisterspiel! Astrolog.
Nur noch ein Wort! Nach allem was geschah Nenn ich das Stück: den Raub der Helena. Ritter. Gelegentlich nimmt jeder sich das Beste; Ich hielte mich an diese schönen Reste. Gelahrter. Ich seh’ sie deutlich, doch gesteh’ ich frei, Zu zweifeln ist ob sie die rechte sey. Die Gegenwart verführt in’s Uebertriebne, Ich halte mich vor allem an’s Geschriebne. Da les’ ich denn: sie habe wirklich allen Graubärten Troja’s sonderlich gefallen; Und wie mich dünkt, vollkommen paßt das hier, Ich bin nicht jung und doch gefällt sie mir. Astrolog. Nicht Knabe mehr! Ein kühner Heldenmann Umfaßt er sie, die kaum sich wehren kann. Gestärkten Arms hebt er sie hoch empor, Entführt er sie wohl gar? Faust. Verwegner Thor! Du wagst! Du hörst nicht! halt! das ist zu viel. Mephistopheles. Machst du’s doch selbst das Fratzengeisterspiel! Astrolog.
Nur noch ein Wort! Nach allem was geschah Nenn ich das Stück: den Raub der Helena. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <pb facs="#f0102" n="90"/> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Ritter.</hi> </speaker><lb/> <p>Gelegentlich nimmt jeder sich das Beste;<lb/> Ich hielte mich an diese schönen Reste.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Gelahrter.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich seh’ sie deutlich, doch gesteh’ ich frei,<lb/> Zu zweifeln ist ob sie die rechte sey.<lb/> Die Gegenwart verführt in’s Uebertriebne,<lb/> Ich halte mich vor allem an’s Geschriebne.<lb/> Da les’ ich denn: sie habe wirklich allen<lb/> Graubärten Troja’s sonderlich gefallen;<lb/> Und wie mich dünkt, vollkommen paßt das hier,<lb/> Ich bin nicht jung und doch gefällt sie mir.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Astrolog.</hi> </speaker><lb/> <p>Nicht Knabe mehr! Ein kühner Heldenmann<lb/> Umfaßt er sie, die kaum sich wehren kann.<lb/> Gestärkten Arms hebt er sie hoch empor,<lb/> Entführt er sie wohl gar?<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Faust.</hi> </speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Verwegner Thor!</hi><lb/> Du wagst! Du hörst nicht! halt! das ist zu viel.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p>Machst du’s doch selbst das Fratzengeisterspiel!<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Astrolog.</hi> </speaker><lb/> <p>Nur noch ein Wort! Nach allem was geschah<lb/> Nenn ich das Stück: den Raub der Helena.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0102]
Ritter.
Gelegentlich nimmt jeder sich das Beste;
Ich hielte mich an diese schönen Reste.
Gelahrter.
Ich seh’ sie deutlich, doch gesteh’ ich frei,
Zu zweifeln ist ob sie die rechte sey.
Die Gegenwart verführt in’s Uebertriebne,
Ich halte mich vor allem an’s Geschriebne.
Da les’ ich denn: sie habe wirklich allen
Graubärten Troja’s sonderlich gefallen;
Und wie mich dünkt, vollkommen paßt das hier,
Ich bin nicht jung und doch gefällt sie mir.
Astrolog.
Nicht Knabe mehr! Ein kühner Heldenmann
Umfaßt er sie, die kaum sich wehren kann.
Gestärkten Arms hebt er sie hoch empor,
Entführt er sie wohl gar?
Faust.
Verwegner Thor!
Du wagst! Du hörst nicht! halt! das ist zu viel.
Mephistopheles.
Machst du’s doch selbst das Fratzengeisterspiel!
Astrolog.
Nur noch ein Wort! Nach allem was geschah
Nenn ich das Stück: den Raub der Helena.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-15T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Freies Deutsches Hochstift (Frankfurter Goethe-Museum), Sign. III B / 23: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2014-03-12T12:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |