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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

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Ganz eigen ist's mit mythologischer Frau:
Der Dichter bringt sie, wie er's braucht, zur Schau;
Nie wird sie mündig, wird nicht alt,
Stets appetitlicher Gestalt,
Wird jung entführt, im Alter noch umfreit;
G'nug, den Poeten bindet keine Zeit.
Faust.
So sey auch sie durch keine Zeit gebunden!
Hat doch Achill auf Pherä sie gefunden
Selbst außer aller Zeit. Welch seltnes Glück:
Errungen Liebe gegen das Geschick!
Und sollt' ich nicht, sehnsüchtigster Gewalt,
In's Leben ziehn die einzigste Gestalt?
Das ewige Wesen, Göttern ebenbürtig,
So groß als zart, so hehr als liebenswürdig.
Du sahst sie einst, heut hab' ich sie gesehn,
So schön wie reizend, wie ersehnt so schön.
Nun ist mein Sinn, mein Wesen streng umfangen,
Ich lebe nicht, kann ich sie nicht erlangen.
Chiron.
Mein fremder Mann! als Mensch bist du entzückt;
Doch unter Geistern scheinst du wohl verrückt.
Nun trifft sich's hier zu deinem Glücke;
Denn alle Jahr, nur wenig Augenblicke,
Pfleg' ich bei Manto vorzutreten,
Der Tochter Aesculaps; im stillen Beten
Fleht sie zum Vater: daß, zu seiner Ehre,
Er endlich doch der Aerzte Sinn verkläre
Und vom verwegnen Todtschlag sie bekehre.
Ganz eigen ist’s mit mythologischer Frau:
Der Dichter bringt sie, wie er’s braucht, zur Schau;
Nie wird sie mündig, wird nicht alt,
Stets appetitlicher Gestalt,
Wird jung entführt, im Alter noch umfreit;
G’nug, den Poeten bindet keine Zeit.
Faust.
So sey auch sie durch keine Zeit gebunden!
Hat doch Achill auf Pherä sie gefunden
Selbst außer aller Zeit. Welch seltnes Glück:
Errungen Liebe gegen das Geschick!
Und sollt’ ich nicht, sehnsüchtigster Gewalt,
In’s Leben ziehn die einzigste Gestalt?
Das ewige Wesen, Göttern ebenbürtig,
So groß als zart, so hehr als liebenswürdig.
Du sahst sie einst, heut hab’ ich sie gesehn,
So schön wie reizend, wie ersehnt so schön.
Nun ist mein Sinn, mein Wesen streng umfangen,
Ich lebe nicht, kann ich sie nicht erlangen.
Chiron.
Mein fremder Mann! als Mensch bist du entzückt;
Doch unter Geistern scheinst du wohl verrückt.
Nun trifft sich’s hier zu deinem Glücke;
Denn alle Jahr, nur wenig Augenblicke,
Pfleg’ ich bei Manto vorzutreten,
Der Tochter Aesculaps; im stillen Beten
Fleht sie zum Vater: daß, zu seiner Ehre,
Er endlich doch der Aerzte Sinn verkläre
Und vom verwegnen Todtschlag sie bekehre.
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[132/0144] Ganz eigen ist’s mit mythologischer Frau: Der Dichter bringt sie, wie er’s braucht, zur Schau; Nie wird sie mündig, wird nicht alt, Stets appetitlicher Gestalt, Wird jung entführt, im Alter noch umfreit; G’nug, den Poeten bindet keine Zeit. Faust. So sey auch sie durch keine Zeit gebunden! Hat doch Achill auf Pherä sie gefunden Selbst außer aller Zeit. Welch seltnes Glück: Errungen Liebe gegen das Geschick! Und sollt’ ich nicht, sehnsüchtigster Gewalt, In’s Leben ziehn die einzigste Gestalt? Das ewige Wesen, Göttern ebenbürtig, So groß als zart, so hehr als liebenswürdig. Du sahst sie einst, heut hab’ ich sie gesehn, So schön wie reizend, wie ersehnt so schön. Nun ist mein Sinn, mein Wesen streng umfangen, Ich lebe nicht, kann ich sie nicht erlangen. Chiron. Mein fremder Mann! als Mensch bist du entzückt; Doch unter Geistern scheinst du wohl verrückt. Nun trifft sich’s hier zu deinem Glücke; Denn alle Jahr, nur wenig Augenblicke, Pfleg’ ich bei Manto vorzutreten, Der Tochter Aesculaps; im stillen Beten Fleht sie zum Vater: daß, zu seiner Ehre, Er endlich doch der Aerzte Sinn verkläre Und vom verwegnen Todtschlag sie bekehre.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/144>, abgerufen am 21.11.2024.