Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Phorkyas.
So viele Jahre stand verlassen das Thal-Gebirg,
Das hinter Sparta nordwärts in die Höhe steigt,
Taygetos im Rücken, wo als muntrer Bach
Herab Eurotas rollt und dann durch unser Thal
An Rohren breit hinfließend eure Schwäne nährt.
Dort hinten still im Gebirgthal hat ein kühn Geschlecht
Sich angesiedelt, dringend aus cimmerischer Nacht,
Und unersteiglich feste Burg sich aufgethürmt,
Von da sie Land und Leute placken wie's behagt.
Helena.
Das konnten sie vollführen? Ganz unmöglich scheint's.
Phorkyas.
Sie hatten Zeit, vielleicht an zwanzig Jahre sind's.
Helena.
Ist Einer Herr? sind's Räuber viel, Verbündete?
Phorkyas.
Nicht Räuber sind es, Einer aber ist der Herr.
Ich schelt' ihn nicht und wenn er schon mich heimgesucht.
Wohl konnt' er alles nehmen, doch begnügt er sich
Mit wenigen Freigeschenken, nannt' er's, nicht Tribut.
Helena.
Wie sieht er aus?
Phorkyas.
Nicht übel! mir gefällt er schon.
Es ist ein munterer, kecker, wohlgebildeter,
Wie unter Griechen wenig, ein verständiger Mann.
Man schilt das Volk Barbaren, doch ich dächte nicht
Daß grausam einer wäre, wie vor Ilios
Phorkyas.
So viele Jahre stand verlassen das Thal-Gebirg,
Das hinter Sparta nordwärts in die Höhe steigt,
Taygetos im Rücken, wo als muntrer Bach
Herab Eurotas rollt und dann durch unser Thal
An Rohren breit hinfließend eure Schwäne nährt.
Dort hinten still im Gebirgthal hat ein kühn Geschlecht
Sich angesiedelt, dringend aus cimmerischer Nacht,
Und unersteiglich feste Burg sich aufgethürmt,
Von da sie Land und Leute placken wie’s behagt.
Helena.
Das konnten sie vollführen? Ganz unmöglich scheint’s.
Phorkyas.
Sie hatten Zeit, vielleicht an zwanzig Jahre sind’s.
Helena.
Ist Einer Herr? sind’s Räuber viel, Verbündete?
Phorkyas.
Nicht Räuber sind es, Einer aber ist der Herr.
Ich schelt’ ihn nicht und wenn er schon mich heimgesucht.
Wohl konnt’ er alles nehmen, doch begnügt er sich
Mit wenigen Freigeschenken, nannt’ er’s, nicht Tribut.
Helena.
Wie sieht er aus?
Phorkyas.
Nicht übel! mir gefällt er schon.
Es ist ein munterer, kecker, wohlgebildeter,
Wie unter Griechen wenig, ein verständiger Mann.
Man schilt das Volk Barbaren, doch ich dächte nicht
Daß grausam einer wäre, wie vor Ilios
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="act" n="1">
        <div type="scene" n="2">
          <pb facs="#f0214" n="202"/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Phorkyas.</hi> </speaker><lb/>
            <p>So viele Jahre stand verlassen das Thal-Gebirg,<lb/>
Das hinter Sparta nordwärts in die Höhe steigt,<lb/>
Taygetos im Rücken, wo als muntrer Bach<lb/>
Herab Eurotas rollt und dann durch unser Thal<lb/>
An Rohren breit hinfließend eure Schwäne nährt.<lb/>
Dort hinten still im Gebirgthal hat ein kühn Geschlecht<lb/>
Sich angesiedelt, dringend aus cimmerischer Nacht,<lb/>
Und unersteiglich feste Burg sich aufgethürmt,<lb/>
Von da sie Land und Leute placken wie&#x2019;s behagt.<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Helena.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Das konnten sie vollführen? Ganz unmöglich scheint&#x2019;s.<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Phorkyas.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Sie hatten Zeit, vielleicht an zwanzig Jahre sind&#x2019;s.<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Helena.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Ist Einer Herr? sind&#x2019;s Räuber viel, Verbündete?<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Phorkyas.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Nicht Räuber sind es, Einer aber ist der Herr.<lb/>
Ich schelt&#x2019; ihn nicht und wenn er schon mich heimgesucht.<lb/>
Wohl konnt&#x2019; er alles nehmen, doch begnügt er sich<lb/>
Mit wenigen Freigeschenken, nannt&#x2019; er&#x2019;s, nicht Tribut.<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Helena.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Wie sieht er aus?<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Phorkyas.</hi> </speaker><lb/>
            <p><hi rendition="#et">Nicht übel! mir gefällt er schon.</hi><lb/>
Es ist ein munterer, kecker, wohlgebildeter,<lb/>
Wie unter Griechen wenig, ein verständiger Mann.<lb/>
Man schilt das Volk Barbaren, doch ich dächte nicht<lb/>
Daß grausam einer wäre, wie vor Ilios<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0214] Phorkyas. So viele Jahre stand verlassen das Thal-Gebirg, Das hinter Sparta nordwärts in die Höhe steigt, Taygetos im Rücken, wo als muntrer Bach Herab Eurotas rollt und dann durch unser Thal An Rohren breit hinfließend eure Schwäne nährt. Dort hinten still im Gebirgthal hat ein kühn Geschlecht Sich angesiedelt, dringend aus cimmerischer Nacht, Und unersteiglich feste Burg sich aufgethürmt, Von da sie Land und Leute placken wie’s behagt. Helena. Das konnten sie vollführen? Ganz unmöglich scheint’s. Phorkyas. Sie hatten Zeit, vielleicht an zwanzig Jahre sind’s. Helena. Ist Einer Herr? sind’s Räuber viel, Verbündete? Phorkyas. Nicht Räuber sind es, Einer aber ist der Herr. Ich schelt’ ihn nicht und wenn er schon mich heimgesucht. Wohl konnt’ er alles nehmen, doch begnügt er sich Mit wenigen Freigeschenken, nannt’ er’s, nicht Tribut. Helena. Wie sieht er aus? Phorkyas. Nicht übel! mir gefällt er schon. Es ist ein munterer, kecker, wohlgebildeter, Wie unter Griechen wenig, ein verständiger Mann. Man schilt das Volk Barbaren, doch ich dächte nicht Daß grausam einer wäre, wie vor Ilios

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Freies Deutsches Hochstift (Frankfurter Goethe-Museum), Sign. III B / 23: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-03-12T12:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/214
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/214>, abgerufen am 21.11.2024.