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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

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So viele Kisten schlepp' ich her,
Der Eisenkisten hab' ich mehr;
Erlaube mich auf deiner Bahn
Und Schatzgewölbe füll' ich an.
Denn du bestiegest kaum den Thron,
So neigen schon, so beugen schon
Verstand und Reichthum und Gewalt
Sich vor der einzigen Gestalt.
Das alles hielt ich fest und mein,
Nun aber lose, wird es dein,
Ich glaubt' es würdig, hoch und baar,
Nun seh' ich, daß es nichtig war.
Verschwunden ist was ich besaß,
Ein abgemähtes welkes Gras.
O gib mit einem heitern Blick
Ihm seinen ganzen Werth zurück!
Faust.
Entferne schnell die kühn erworbne Last,
Zwar nicht getadelt aber unbelohnt.
Schon ist ihr alles eigen was die Burg
Im Schoß verbirgt, Besondres ihr zu bieten
Ist unnütz. Geh' und häufe Schatz auf Schatz
Geordnet an. Der ungeseh'nen Pracht
Erhabnes Bild stell' auf! Laß die Gewölbe
Wie frische Himmel blinken, Paradiese
Von leblosem Leben richte zu.
So viele Kisten schlepp’ ich her,
Der Eisenkisten hab’ ich mehr;
Erlaube mich auf deiner Bahn
Und Schatzgewölbe füll’ ich an.
Denn du bestiegest kaum den Thron,
So neigen schon, so beugen schon
Verstand und Reichthum und Gewalt
Sich vor der einzigen Gestalt.
Das alles hielt ich fest und mein,
Nun aber lose, wird es dein,
Ich glaubt’ es würdig, hoch und baar,
Nun seh’ ich, daß es nichtig war.
Verschwunden ist was ich besaß,
Ein abgemähtes welkes Gras.
O gib mit einem heitern Blick
Ihm seinen ganzen Werth zurück!
Faust.
Entferne schnell die kühn erworbne Last,
Zwar nicht getadelt aber unbelohnt.
Schon ist ihr alles eigen was die Burg
Im Schoß verbirgt, Besondres ihr zu bieten
Ist unnütz. Geh’ und häufe Schatz auf Schatz
Geordnet an. Der ungeseh’nen Pracht
Erhabnes Bild stell’ auf! Laß die Gewölbe
Wie frische Himmel blinken, Paradiese
Von leblosem Leben richte zu.
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[216/0228] So viele Kisten schlepp’ ich her, Der Eisenkisten hab’ ich mehr; Erlaube mich auf deiner Bahn Und Schatzgewölbe füll’ ich an. Denn du bestiegest kaum den Thron, So neigen schon, so beugen schon Verstand und Reichthum und Gewalt Sich vor der einzigen Gestalt. Das alles hielt ich fest und mein, Nun aber lose, wird es dein, Ich glaubt’ es würdig, hoch und baar, Nun seh’ ich, daß es nichtig war. Verschwunden ist was ich besaß, Ein abgemähtes welkes Gras. O gib mit einem heitern Blick Ihm seinen ganzen Werth zurück! Faust. Entferne schnell die kühn erworbne Last, Zwar nicht getadelt aber unbelohnt. Schon ist ihr alles eigen was die Burg Im Schoß verbirgt, Besondres ihr zu bieten Ist unnütz. Geh’ und häufe Schatz auf Schatz Geordnet an. Der ungeseh’nen Pracht Erhabnes Bild stell’ auf! Laß die Gewölbe Wie frische Himmel blinken, Paradiese Von leblosem Leben richte zu.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/228>, abgerufen am 21.11.2024.