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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

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Alles was je geschieht
Heutiges Tages
Trauriger Nachklang ist's
Herrlicher Ahnherrn-Tage;
Nicht vergleicht sich dein Erzählen
Dem, was liebliche Lüge,
Glaubhaftiger als Wahrheit,
Von dem Sohne sang der Maja.
Diesen zierlich und kräftig doch
Kaum geborenen Säugling
Faltet in reinster Windeln Flaum,
Strenget in köstlicher Wickeln Schmuck
Klatschender Wärterinnen Schaar
Unvernünftigen Wähnens.
Kräftig und zierlich aber zieht
Schon der Schalk die geschmeidigen
Doch elastischen Glieder
Listig heraus, die purpurne
Aengstlich drückende Schale
Lassend ruhig an seiner Statt,
Gleich dem fertigen Schmetterling,
Der aus starrem Puppenzwang
Flügel entfaltend behendig schlüpft,
Sonne-durchstrahlten Aether kühn
Und muthwillig durchflatternd.
So auch er, der behendeste,
Daß er Dieben und Schälken,
Alles was je geschieht
Heutiges Tages
Trauriger Nachklang ist’s
Herrlicher Ahnherrn-Tage;
Nicht vergleicht sich dein Erzählen
Dem, was liebliche Lüge,
Glaubhaftiger als Wahrheit,
Von dem Sohne sang der Maja.
Diesen zierlich und kräftig doch
Kaum geborenen Säugling
Faltet in reinster Windeln Flaum,
Strenget in köstlicher Wickeln Schmuck
Klatschender Wärterinnen Schaar
Unvernünftigen Wähnens.
Kräftig und zierlich aber zieht
Schon der Schalk die geschmeidigen
Doch elastischen Glieder
Listig heraus, die purpurne
Aengstlich drückende Schale
Lassend ruhig an seiner Statt,
Gleich dem fertigen Schmetterling,
Der aus starrem Puppenzwang
Flügel entfaltend behendig schlüpft,
Sonne-durchstrahlten Aether kühn
Und muthwillig durchflatternd.
So auch er, der behendeste,
Daß er Dieben und Schälken,
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[231/0243] Alles was je geschieht Heutiges Tages Trauriger Nachklang ist’s Herrlicher Ahnherrn-Tage; Nicht vergleicht sich dein Erzählen Dem, was liebliche Lüge, Glaubhaftiger als Wahrheit, Von dem Sohne sang der Maja. Diesen zierlich und kräftig doch Kaum geborenen Säugling Faltet in reinster Windeln Flaum, Strenget in köstlicher Wickeln Schmuck Klatschender Wärterinnen Schaar Unvernünftigen Wähnens. Kräftig und zierlich aber zieht Schon der Schalk die geschmeidigen Doch elastischen Glieder Listig heraus, die purpurne Aengstlich drückende Schale Lassend ruhig an seiner Statt, Gleich dem fertigen Schmetterling, Der aus starrem Puppenzwang Flügel entfaltend behendig schlüpft, Sonne-durchstrahlten Aether kühn Und muthwillig durchflatternd. So auch er, der behendeste, Daß er Dieben und Schälken,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/243>, abgerufen am 24.11.2024.