Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832. Helena und Faust. Der Freude folgt sogleich Grimmige Pein. Euphorions (Stimme aus der Tiefe). Laß mich im düstern Reich Mutter mich nicht allein! (Pause.) Chor. (Trauergesang.) Nicht allein! - wo du auch weilest, Denn wir glauben dich zu kennen, Ach! wenn du dem Tag enteilest Wird kein Herz von dir sich trennen. Wüßten wir doch kaum zu klagen, Neidend singen wir dein Loos: Dir in klar' und trüben Tagen Lied und Muth war schön und groß. Ach! zum Erdenglück geboren, Hoher Ahnen, großer Kraft, Leider! früh dir selbst verloren, Jugendblüthe weggerafft. Scharfer Blick die Welt zu schauen, Mitsinn jedem Herzensdrang, Liebesgluth der besten Frauen Und ein eigenster Gesang. Helena und Faust. Der Freude folgt sogleich Grimmige Pein. Euphorions (Stimme aus der Tiefe). Laß mich im düstern Reich Mutter mich nicht allein! (Pause.) Chor. (Trauergesang.) Nicht allein! – wo du auch weilest, Denn wir glauben dich zu kennen, Ach! wenn du dem Tag enteilest Wird kein Herz von dir sich trennen. Wüßten wir doch kaum zu klagen, Neidend singen wir dein Loos: Dir in klar’ und trüben Tagen Lied und Muth war schön und groß. Ach! zum Erdenglück geboren, Hoher Ahnen, großer Kraft, Leider! früh dir selbst verloren, Jugendblüthe weggerafft. Scharfer Blick die Welt zu schauen, Mitsinn jedem Herzensdrang, Liebesgluth der besten Frauen Und ein eigenster Gesang. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <pb facs="#f0255" n="243"/> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Helena und Faust.</hi> </speaker><lb/> <lg type="poem"> <l rendition="#et">Der Freude folgt sogleich</l><lb/> <l rendition="#et">Grimmige Pein.</l><lb/> </lg> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Euphorions</hi> </speaker><lb/> <stage>(Stimme aus der Tiefe).</stage><lb/> <l rendition="#et">Laß mich im düstern Reich</l><lb/> <l rendition="#et">Mutter mich nicht allein!</l><lb/> <stage>(Pause.)</stage><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Chor.</hi> </speaker><lb/> <lg type="poem"> <stage>(Trauergesang.)</stage><lb/> <lg type="poem"> <l rendition="#et">Nicht allein! – wo du auch weilest,</l><lb/> <l rendition="#et">Denn wir glauben dich zu kennen,</l><lb/> <l rendition="#et">Ach! wenn du dem Tag enteilest</l><lb/> <l rendition="#et">Wird kein Herz von dir sich trennen.</l><lb/> <l rendition="#et">Wüßten wir doch kaum zu klagen,</l><lb/> <l rendition="#et">Neidend singen wir dein Loos:</l><lb/> <l rendition="#et">Dir in klar’ und trüben Tagen</l><lb/> <l rendition="#et">Lied und Muth war schön und groß.</l><lb/> </lg> <lg> <l rendition="#et">Ach! zum Erdenglück geboren,</l><lb/> <l rendition="#et">Hoher Ahnen, großer Kraft,</l><lb/> <l rendition="#et">Leider! früh dir selbst verloren,</l><lb/> <l rendition="#et">Jugendblüthe weggerafft.</l><lb/> <l rendition="#et">Scharfer Blick die Welt zu schauen,</l><lb/> <l rendition="#et">Mitsinn jedem Herzensdrang,</l><lb/> <l rendition="#et">Liebesgluth der besten Frauen</l><lb/> <l rendition="#et">Und ein eigenster Gesang.</l><lb/> </lg> </lg> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [243/0255]
Helena und Faust.
Der Freude folgt sogleich
Grimmige Pein.
Euphorions
(Stimme aus der Tiefe).
Laß mich im düstern Reich
Mutter mich nicht allein!
(Pause.)
Chor.
(Trauergesang.)
Nicht allein! – wo du auch weilest,
Denn wir glauben dich zu kennen,
Ach! wenn du dem Tag enteilest
Wird kein Herz von dir sich trennen.
Wüßten wir doch kaum zu klagen,
Neidend singen wir dein Loos:
Dir in klar’ und trüben Tagen
Lied und Muth war schön und groß.
Ach! zum Erdenglück geboren,
Hoher Ahnen, großer Kraft,
Leider! früh dir selbst verloren,
Jugendblüthe weggerafft.
Scharfer Blick die Welt zu schauen,
Mitsinn jedem Herzensdrang,
Liebesgluth der besten Frauen
Und ein eigenster Gesang.
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