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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

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Immer bleibt es ihm in Schläuchen, ihm in Krügen
und Gefäßen,
Rechts und links der kühlen Grüfte ewige Zeiten aufbe-
wahrt.
Haben aber alle Götter, hat nun Helios vor allen,
Lüftend, feuchtend, wärmend, gluthend, Beeren-Füll-
horn aufgehäuft,
Wo der stille Winzer wirkte, dort auf einmal wird's le-
bendig,
Und es rauscht in jedem Laube, raschelt um von Stock
zu Stock.
Körbe knarren, Eimer klappern, Tragebutten ächzen hin,
Alles nach der großen Kufe zu der Keltrer kräftigem
Tanz;
Und so wird die heilige Fülle reingeborner saftiger Beeren
Frech zertreten; schäumend, sprühend mischt sich's wi-
derlich zerquetscht.
Und nun gellt in's Ohr der Cymbeln mit der Becken Erz-
getöne,
Denn es hat sich Dionysos aus Mysterien enthüllt;
Kommt hervor mit Ziegenfüßlern, schwenkend Ziegenfüß-
lerinnen,
Und dazwischen schreit unbändig grell Silenus öhrig
Thier.
Nichts geschont! Gespaltne Klauen treten alle Sitte
nieder,
Alle Sinne wirbeln taumlich, gräßlich übertäubt das Ohr.
Nach der Schale tappen Trunkne, überfüllt sind Kopf
und Wänste,
Immer bleibt es ihm in Schläuchen, ihm in Krügen
und Gefäßen,
Rechts und links der kühlen Grüfte ewige Zeiten aufbe-
wahrt.
Haben aber alle Götter, hat nun Helios vor allen,
Lüftend, feuchtend, wärmend, gluthend, Beeren-Füll-
horn aufgehäuft,
Wo der stille Winzer wirkte, dort auf einmal wird’s le-
bendig,
Und es rauscht in jedem Laube, raschelt um von Stock
zu Stock.
Körbe knarren, Eimer klappern, Tragebutten ächzen hin,
Alles nach der großen Kufe zu der Keltrer kräftigem
Tanz;
Und so wird die heilige Fülle reingeborner saftiger Beeren
Frech zertreten; schäumend, sprühend mischt sich’s wi-
derlich zerquetscht.
Und nun gellt in’s Ohr der Cymbeln mit der Becken Erz-
getöne,
Denn es hat sich Dionysos aus Mysterien enthüllt;
Kommt hervor mit Ziegenfüßlern, schwenkend Ziegenfüß-
lerinnen,
Und dazwischen schreit unbändig grell Silenus öhrig
Thier.
Nichts geschont! Gespaltne Klauen treten alle Sitte
nieder,
Alle Sinne wirbeln taumlich, gräßlich übertäubt das Ohr.
Nach der Schale tappen Trunkne, überfüllt sind Kopf
und Wänste,
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[249/0261] Immer bleibt es ihm in Schläuchen, ihm in Krügen und Gefäßen, Rechts und links der kühlen Grüfte ewige Zeiten aufbe- wahrt. Haben aber alle Götter, hat nun Helios vor allen, Lüftend, feuchtend, wärmend, gluthend, Beeren-Füll- horn aufgehäuft, Wo der stille Winzer wirkte, dort auf einmal wird’s le- bendig, Und es rauscht in jedem Laube, raschelt um von Stock zu Stock. Körbe knarren, Eimer klappern, Tragebutten ächzen hin, Alles nach der großen Kufe zu der Keltrer kräftigem Tanz; Und so wird die heilige Fülle reingeborner saftiger Beeren Frech zertreten; schäumend, sprühend mischt sich’s wi- derlich zerquetscht. Und nun gellt in’s Ohr der Cymbeln mit der Becken Erz- getöne, Denn es hat sich Dionysos aus Mysterien enthüllt; Kommt hervor mit Ziegenfüßlern, schwenkend Ziegenfüß- lerinnen, Und dazwischen schreit unbändig grell Silenus öhrig Thier. Nichts geschont! Gespaltne Klauen treten alle Sitte nieder, Alle Sinne wirbeln taumlich, gräßlich übertäubt das Ohr. Nach der Schale tappen Trunkne, überfüllt sind Kopf und Wänste,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/261>, abgerufen am 22.11.2024.