Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Dem Pöbelsinn verworr'ner Geister
Entwickelt sich ein Widerstand,
Die Ketzer sind's! die Hexenmeister!
Und sie verderben Stadt und Land.
Die willst du nun mit frechen Scherzen
In diese hohen Kreise schwärzen,
Ihr hegt euch an verderbtem Herzen,
Dem Narren sind sie nah verwandt.
Mephistopheles.
Daran erkenn' ich den gelehrten Herrn!
Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern;
Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar;
Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr sey nicht wahr;
Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht;
Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht.
Kaiser.
Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt,
Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt?
Ich habe satt das ewige Wie und Wenn;
Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff' es denn!
Mephistopheles.
Ich schaffe was ihr wollt und schaffe mehr;
Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer.
Es liegt schon da, doch um es zu erlangen
Das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen?
Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensläuften,
Wo Menschenfluthen Land und Volk ersäuften,
Dem Pöbelsinn verworr’ner Geister
Entwickelt sich ein Widerstand,
Die Ketzer sind’s! die Hexenmeister!
Und sie verderben Stadt und Land.
Die willst du nun mit frechen Scherzen
In diese hohen Kreise schwärzen,
Ihr hegt euch an verderbtem Herzen,
Dem Narren sind sie nah verwandt.
Mephistopheles.
Daran erkenn’ ich den gelehrten Herrn!
Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern;
Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar;
Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr sey nicht wahr;
Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht;
Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht.
Kaiser.
Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt,
Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt?
Ich habe satt das ewige Wie und Wenn;
Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff’ es denn!
Mephistopheles.
Ich schaffe was ihr wollt und schaffe mehr;
Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer.
Es liegt schon da, doch um es zu erlangen
Das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen?
Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensläuften,
Wo Menschenfluthen Land und Volk ersäuften,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="act" n="1">
        <div type="scene" n="2">
          <sp>
            <p><pb facs="#f0028" n="16"/>
Dem Pöbelsinn verworr&#x2019;ner Geister<lb/>
Entwickelt sich ein Widerstand,<lb/>
Die Ketzer sind&#x2019;s! die Hexenmeister!<lb/>
Und sie verderben Stadt und Land.<lb/>
Die willst du nun mit frechen Scherzen<lb/>
In diese hohen Kreise schwärzen,<lb/>
Ihr hegt euch an verderbtem Herzen,<lb/>
Dem Narren sind sie nah verwandt.<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Daran erkenn&#x2019; ich den gelehrten Herrn!<lb/>
Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern;<lb/>
Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar;<lb/>
Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr sey nicht wahr;<lb/>
Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht;<lb/>
Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht.<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Kaiser.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt,<lb/>
Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt?<lb/>
Ich habe satt das ewige Wie und Wenn;<lb/>
Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff&#x2019; es denn!<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Ich schaffe was ihr wollt und schaffe mehr;<lb/>
Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer.<lb/>
Es liegt schon da, doch um es zu erlangen<lb/>
Das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen?<lb/>
Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensläuften,<lb/>
Wo Menschenfluthen Land und Volk ersäuften,<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0028] Dem Pöbelsinn verworr’ner Geister Entwickelt sich ein Widerstand, Die Ketzer sind’s! die Hexenmeister! Und sie verderben Stadt und Land. Die willst du nun mit frechen Scherzen In diese hohen Kreise schwärzen, Ihr hegt euch an verderbtem Herzen, Dem Narren sind sie nah verwandt. Mephistopheles. Daran erkenn’ ich den gelehrten Herrn! Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern; Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar; Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr sey nicht wahr; Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht; Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht. Kaiser. Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt, Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt? Ich habe satt das ewige Wie und Wenn; Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff’ es denn! Mephistopheles. Ich schaffe was ihr wollt und schaffe mehr; Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer. Es liegt schon da, doch um es zu erlangen Das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen? Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensläuften, Wo Menschenfluthen Land und Volk ersäuften,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Freies Deutsches Hochstift (Frankfurter Goethe-Museum), Sign. III B / 23: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-03-12T12:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/28
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/28>, abgerufen am 23.11.2024.