Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Wenn dieser es erfährt, schnell wird er sträflich richten, Mit heiligem Strahl dein Reich das sündige zu ver- nichten. Denn noch vergaß er nicht wie du, zur höchsten Zeit, An deinem Krönungstag, den Zauberer befreit. Von deinem Diadem, der Christenheit zum Schaden, Traf das verfluchte Haupt der erste Strahl der Gnaden. Doch schlag' an deine Brust und gib vom frevlen Glück, Ein mäßig Schärflein, gleich dem Heiligthum zurück. Den breiten Hügelraum, da wo dein Zelt gestanden, Wo böse Geister sich zu deinem Schutz verbanden, Dem Lügenfürsten du ein horchsam Ohr geliehn, Den stifte, fromm belehrt, zu heiligem Bemühn. Mit Berg und dichtem Wald, so weit sie sich erstrecken, Mit Höhen die sich grün zu steter Weide decken, Fischreichen klaren Seen, dann Bächlein ohne Zahl, Wie sie sich, eilig schlängelnd, stürzen ab zu Thal. Das breite Thal dann selbst, mit Wiesen, Gauen, Gründen: Die Reue spricht sich aus, und du wirst Gnade finden. Kaiser. Durch meinen schweren Fehl bin ich so tief erschreckt, Die Gränze sey von dir nach eignem Maß gesteckt. Erzbischof. Erst: der entweihte Raum wo man sich so versündigt, Sey alsobald zum Dienst des Höchsten angekündigt. Behende steigt im Geist Gemäuer stark empor, Der Morgensonne Blick erleuchtet schon das Chor,
Wenn dieser es erfährt, schnell wird er sträflich richten, Mit heiligem Strahl dein Reich das sündige zu ver- nichten. Denn noch vergaß er nicht wie du, zur höchsten Zeit, An deinem Krönungstag, den Zauberer befreit. Von deinem Diadem, der Christenheit zum Schaden, Traf das verfluchte Haupt der erste Strahl der Gnaden. Doch schlag’ an deine Brust und gib vom frevlen Glück, Ein mäßig Schärflein, gleich dem Heiligthum zurück. Den breiten Hügelraum, da wo dein Zelt gestanden, Wo böse Geister sich zu deinem Schutz verbanden, Dem Lügenfürsten du ein horchsam Ohr geliehn, Den stifte, fromm belehrt, zu heiligem Bemühn. Mit Berg und dichtem Wald, so weit sie sich erstrecken, Mit Höhen die sich grün zu steter Weide decken, Fischreichen klaren Seen, dann Bächlein ohne Zahl, Wie sie sich, eilig schlängelnd, stürzen ab zu Thal. Das breite Thal dann selbst, mit Wiesen, Gauen, Gründen: Die Reue spricht sich aus, und du wirst Gnade finden. Kaiser. Durch meinen schweren Fehl bin ich so tief erschreckt, Die Gränze sey von dir nach eignem Maß gesteckt. Erzbischof. Erst: der entweihte Raum wo man sich so versündigt, Sey alsobald zum Dienst des Höchsten angekündigt. Behende steigt im Geist Gemäuer stark empor, Der Morgensonne Blick erleuchtet schon das Chor, <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0306" n="294"/> Wenn dieser es erfährt, schnell wird er sträflich richten,<lb/> Mit heiligem Strahl dein Reich das sündige zu ver-<lb/><hi rendition="#et">nichten.</hi><lb/> Denn noch vergaß er nicht wie du, zur höchsten Zeit,<lb/> An deinem Krönungstag, den Zauberer befreit.<lb/> Von deinem Diadem, der Christenheit zum Schaden,<lb/> Traf das verfluchte Haupt der erste Strahl der Gnaden.<lb/> Doch schlag’ an deine Brust und gib vom frevlen Glück,<lb/> Ein mäßig Schärflein, gleich dem Heiligthum zurück.<lb/> Den breiten Hügelraum, da wo dein Zelt gestanden,<lb/> Wo böse Geister sich zu deinem Schutz verbanden,<lb/> Dem Lügenfürsten du ein horchsam Ohr geliehn,<lb/> Den stifte, fromm belehrt, zu heiligem Bemühn.<lb/> Mit Berg und dichtem Wald, so weit sie sich erstrecken,<lb/> Mit Höhen die sich grün zu steter Weide decken,<lb/> Fischreichen klaren Seen, dann Bächlein ohne Zahl,<lb/> Wie sie sich, eilig schlängelnd, stürzen ab zu Thal.<lb/> Das breite Thal dann selbst, mit Wiesen, Gauen,<lb/><hi rendition="#et">Gründen:</hi><lb/> Die Reue spricht sich aus, und du wirst Gnade finden.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Kaiser.</hi> </speaker><lb/> <p>Durch meinen schweren Fehl bin ich so tief erschreckt,<lb/> Die Gränze sey von dir nach eignem Maß gesteckt.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Erzbischof.</hi> </speaker><lb/> <p>Erst: der entweihte Raum wo man sich so versündigt,<lb/> Sey alsobald zum Dienst des Höchsten angekündigt.<lb/> Behende steigt im Geist Gemäuer stark empor,<lb/> Der Morgensonne Blick erleuchtet schon das Chor,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [294/0306]
Wenn dieser es erfährt, schnell wird er sträflich richten,
Mit heiligem Strahl dein Reich das sündige zu ver-
nichten.
Denn noch vergaß er nicht wie du, zur höchsten Zeit,
An deinem Krönungstag, den Zauberer befreit.
Von deinem Diadem, der Christenheit zum Schaden,
Traf das verfluchte Haupt der erste Strahl der Gnaden.
Doch schlag’ an deine Brust und gib vom frevlen Glück,
Ein mäßig Schärflein, gleich dem Heiligthum zurück.
Den breiten Hügelraum, da wo dein Zelt gestanden,
Wo böse Geister sich zu deinem Schutz verbanden,
Dem Lügenfürsten du ein horchsam Ohr geliehn,
Den stifte, fromm belehrt, zu heiligem Bemühn.
Mit Berg und dichtem Wald, so weit sie sich erstrecken,
Mit Höhen die sich grün zu steter Weide decken,
Fischreichen klaren Seen, dann Bächlein ohne Zahl,
Wie sie sich, eilig schlängelnd, stürzen ab zu Thal.
Das breite Thal dann selbst, mit Wiesen, Gauen,
Gründen:
Die Reue spricht sich aus, und du wirst Gnade finden.
Kaiser.
Durch meinen schweren Fehl bin ich so tief erschreckt,
Die Gränze sey von dir nach eignem Maß gesteckt.
Erzbischof.
Erst: der entweihte Raum wo man sich so versündigt,
Sey alsobald zum Dienst des Höchsten angekündigt.
Behende steigt im Geist Gemäuer stark empor,
Der Morgensonne Blick erleuchtet schon das Chor,
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