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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

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Mephistopheles
(aus dem Soufleurloche auftauchend).
Von hier aus hoff' ich allgemeine Gunst,
Einbläsereyen sind des Teufels Redekunst.
(Zum Astrologen.)
Du kennst den Tact in dem die Sterne gehn,
Und wirst mein Flüstern meisterlich verstehn.
Astrolog.
Durch Wunderkraft erscheint allhier zur Schau
Massiv genug, ein alter Tempelbau.
Dem Atlas gleich der einst den Himmel trug,
Stehn, reihenweis, der Säulen hier genug;
Sie mögen wohl der Felsenlast genügen,
Da zweye schon ein groß Gebäude trügen.
Architekt.
Das wär' antik! ich wüßt' es nicht zu preisen,
Es sollte plump und überlästig heißen.
Roh nennt man edel, unbehülflich groß.
Schmal-Pfeiler lieb' ich, strebend, gränzenlos;
Spitzbögiger Zenith erhebt den Geist;
Solch ein Gebäu erbaut uns allermeist.
Astrolog.
Empfangt mit Ehrfurcht sterngegönnte Stunden;
Durch magisch Wort sey die Vernunft gebunden;
Dagegen weit heran bewege frei
Sich herrliche verwegne Phantasey.
Mit Augen schaut nun was ihr kühn begehrt,
Unmöglich ist's, drum eben glaubenswerth.
Mephistopheles
(aus dem Soufleurloche auftauchend).
Von hier aus hoff’ ich allgemeine Gunst,
Einbläsereyen sind des Teufels Redekunst.
(Zum Astrologen.)
Du kennst den Tact in dem die Sterne gehn,
Und wirst mein Flüstern meisterlich verstehn.
Astrolog.
Durch Wunderkraft erscheint allhier zur Schau
Massiv genug, ein alter Tempelbau.
Dem Atlas gleich der einst den Himmel trug,
Stehn, reihenweis, der Säulen hier genug;
Sie mögen wohl der Felsenlast genügen,
Da zweye schon ein groß Gebäude trügen.
Architekt.
Das wär’ antik! ich wüßt’ es nicht zu preisen,
Es sollte plump und überlästig heißen.
Roh nennt man edel, unbehülflich groß.
Schmal-Pfeiler lieb’ ich, strebend, gränzenlos;
Spitzbögiger Zenith erhebt den Geist;
Solch ein Gebäu erbaut uns allermeist.
Astrolog.
Empfangt mit Ehrfurcht sterngegönnte Stunden;
Durch magisch Wort sey die Vernunft gebunden;
Dagegen weit heran bewege frei
Sich herrliche verwegne Phantasey.
Mit Augen schaut nun was ihr kühn begehrt,
Unmöglich ist’s, drum eben glaubenswerth.
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[83/0095] Mephistopheles (aus dem Soufleurloche auftauchend). Von hier aus hoff’ ich allgemeine Gunst, Einbläsereyen sind des Teufels Redekunst. (Zum Astrologen.) Du kennst den Tact in dem die Sterne gehn, Und wirst mein Flüstern meisterlich verstehn. Astrolog. Durch Wunderkraft erscheint allhier zur Schau Massiv genug, ein alter Tempelbau. Dem Atlas gleich der einst den Himmel trug, Stehn, reihenweis, der Säulen hier genug; Sie mögen wohl der Felsenlast genügen, Da zweye schon ein groß Gebäude trügen. Architekt. Das wär’ antik! ich wüßt’ es nicht zu preisen, Es sollte plump und überlästig heißen. Roh nennt man edel, unbehülflich groß. Schmal-Pfeiler lieb’ ich, strebend, gränzenlos; Spitzbögiger Zenith erhebt den Geist; Solch ein Gebäu erbaut uns allermeist. Astrolog. Empfangt mit Ehrfurcht sterngegönnte Stunden; Durch magisch Wort sey die Vernunft gebunden; Dagegen weit heran bewege frei Sich herrliche verwegne Phantasey. Mit Augen schaut nun was ihr kühn begehrt, Unmöglich ist’s, drum eben glaubenswerth.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/95>, abgerufen am 23.11.2024.