Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832. Faust. (steigt auf der andern Seite des Prosceniums herauf). Astrolog. Im Priesterkleid, bekränzt, ein Wundermann, Der nun vollbringt was er getrost begann. Ein Dreyfuß steigt mit ihm aus hohler Gruft, Schon ahn' ich aus der Schale Weihrauchduft. Er rüstet sich das hohe Werk zu segnen, Es kann fortan nur glückliches begegnen. Faust (großartig). In eurem Namen, Mütter, die ihr thront Im Gränzenlosen, ewig einsam wohnt, Und doch gesellig. Euer Haupt umschweben Des Lebens Bilder, regsam, ohne Leben. Was einmal war, in allem Glanz und Schein, Es regt sich dort; denn es will ewig seyn. Und ihr vertheilt es, allgewaltige Mächte, Zum Zelt des Tages, zum Gewölb der Nächte. Die einen faßt des Lebens holder Lauf, Die andern sucht der kühne Magier auf; In reicher Spende läßt er, voll Vertrauen Was jeder wünscht, das Wunderwürdige schauen. Astrolog. Der glühnde Schlüssel rührt die Schale kaum, Ein dunstiger Nebel deckt sogleich den Raum, Er schleicht sich ein, er wogt nach Wolkenart, Gedehnt, geballt, verschränkt, getheilt, gepaart. Faust. (steigt auf der andern Seite des Prosceniums herauf). Astrolog. Im Priesterkleid, bekränzt, ein Wundermann, Der nun vollbringt was er getrost begann. Ein Dreyfuß steigt mit ihm aus hohler Gruft, Schon ahn’ ich aus der Schale Weihrauchduft. Er rüstet sich das hohe Werk zu segnen, Es kann fortan nur glückliches begegnen. Faust (großartig). In eurem Namen, Mütter, die ihr thront Im Gränzenlosen, ewig einsam wohnt, Und doch gesellig. Euer Haupt umschweben Des Lebens Bilder, regsam, ohne Leben. Was einmal war, in allem Glanz und Schein, Es regt sich dort; denn es will ewig seyn. Und ihr vertheilt es, allgewaltige Mächte, Zum Zelt des Tages, zum Gewölb der Nächte. Die einen faßt des Lebens holder Lauf, Die andern sucht der kühne Magier auf; In reicher Spende läßt er, voll Vertrauen Was jeder wünscht, das Wunderwürdige schauen. Astrolog. Der glühnde Schlüssel rührt die Schale kaum, Ein dunstiger Nebel deckt sogleich den Raum, Er schleicht sich ein, er wogt nach Wolkenart, Gedehnt, geballt, verschränkt, getheilt, gepaart. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <pb facs="#f0096" n="84"/> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Faust.</hi> </speaker><lb/> <stage>(steigt auf der andern Seite des Prosceniums herauf).</stage><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Astrolog.</hi> </speaker><lb/> <p>Im Priesterkleid, bekränzt, ein Wundermann,<lb/> Der nun vollbringt was er getrost begann.<lb/> Ein Dreyfuß steigt mit ihm aus hohler Gruft,<lb/> Schon ahn’ ich aus der Schale Weihrauchduft.<lb/> Er rüstet sich das hohe Werk zu segnen,<lb/> Es kann fortan nur glückliches begegnen.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Faust</hi> </speaker> <stage>(großartig).</stage><lb/> <p>In eurem Namen, Mütter, die ihr thront<lb/> Im Gränzenlosen, ewig einsam wohnt,<lb/> Und doch gesellig. Euer Haupt umschweben<lb/> Des Lebens Bilder, regsam, ohne Leben.<lb/> Was einmal war, in allem Glanz und Schein,<lb/> Es regt sich dort; denn es will ewig seyn.<lb/> Und ihr vertheilt es, allgewaltige Mächte,<lb/> Zum Zelt des Tages, zum Gewölb der Nächte.<lb/> Die einen faßt des Lebens holder Lauf,<lb/> Die andern sucht der kühne Magier auf;<lb/> In reicher Spende läßt er, voll Vertrauen<lb/> Was jeder wünscht, das Wunderwürdige schauen.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Astrolog.</hi> </speaker><lb/> <p>Der glühnde Schlüssel rührt die Schale kaum,<lb/> Ein dunstiger Nebel deckt sogleich den Raum,<lb/> Er schleicht sich ein, er wogt nach Wolkenart,<lb/> Gedehnt, geballt, verschränkt, getheilt, gepaart.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0096]
Faust.
(steigt auf der andern Seite des Prosceniums herauf).
Astrolog.
Im Priesterkleid, bekränzt, ein Wundermann,
Der nun vollbringt was er getrost begann.
Ein Dreyfuß steigt mit ihm aus hohler Gruft,
Schon ahn’ ich aus der Schale Weihrauchduft.
Er rüstet sich das hohe Werk zu segnen,
Es kann fortan nur glückliches begegnen.
Faust (großartig).
In eurem Namen, Mütter, die ihr thront
Im Gränzenlosen, ewig einsam wohnt,
Und doch gesellig. Euer Haupt umschweben
Des Lebens Bilder, regsam, ohne Leben.
Was einmal war, in allem Glanz und Schein,
Es regt sich dort; denn es will ewig seyn.
Und ihr vertheilt es, allgewaltige Mächte,
Zum Zelt des Tages, zum Gewölb der Nächte.
Die einen faßt des Lebens holder Lauf,
Die andern sucht der kühne Magier auf;
In reicher Spende läßt er, voll Vertrauen
Was jeder wünscht, das Wunderwürdige schauen.
Astrolog.
Der glühnde Schlüssel rührt die Schale kaum,
Ein dunstiger Nebel deckt sogleich den Raum,
Er schleicht sich ein, er wogt nach Wolkenart,
Gedehnt, geballt, verschränkt, getheilt, gepaart.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/96>, abgerufen am 16.07.2024. |