Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790.Faust Sie fängt an zu singen, indem sie sich auszieht. Es war ein König in Tule Gar treu bis an das Grab, Dem sterbend seine Bule Einen goldnen Becher gab. Es ging ihm nichts darüber, Er leert' ihn jeden Schmaus; Die Augen gingen ihm über, So oft er trank daraus. Und als er kam zu sterben, Zählt' er seine Städt' im Reich, Gönnt' alles seinem Erben, Den Becher nicht zugleich. Er saß beym Königsmahle, Die Ritter um ihn her, Auf hohem Väter-Saale, Dort auf dem Schloß am Meer. Fauſt Sie fängt an zu ſingen, indem ſie ſich auszieht. Es war ein König in Tule Gar treu bis an das Grab, Dem ſterbend ſeine Bule Einen goldnen Becher gab. Es ging ihm nichts darüber, Er leert’ ihn jeden Schmaus; Die Augen gingen ihm über, So oft er trank daraus. Und als er kam zu ſterben, Zählt’ er ſeine Städt’ im Reich, Gönnt’ alles ſeinem Erben, Den Becher nicht zugleich. Er ſaß beym Königsmahle, Die Ritter um ihn her, Auf hohem Väter-Saale, Dort auf dem Schloß am Meer. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#MARGA"> <pb facs="#f0104" n="94"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Fauſt</hi> </fw><lb/> <stage>Sie fängt an zu ſingen, indem ſie ſich auszieht.</stage><lb/> <p>Es war ein König in Tule<lb/> Gar treu bis an das Grab,<lb/> Dem ſterbend ſeine Bule<lb/> Einen goldnen Becher gab.</p><lb/> <p>Es ging ihm nichts darüber,<lb/> Er leert’ ihn jeden Schmaus;<lb/> Die Augen gingen ihm über,<lb/> So oft er trank daraus.</p><lb/> <p>Und als er kam zu ſterben,<lb/> Zählt’ er ſeine Städt’ im Reich,<lb/> Gönnt’ alles ſeinem Erben,<lb/> Den Becher nicht zugleich.</p><lb/> <p>Er ſaß beym Königsmahle,<lb/> Die Ritter um ihn her,<lb/> Auf hohem Väter-Saale,<lb/> Dort auf dem Schloß am Meer.</p><lb/> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [94/0104]
Fauſt
Sie fängt an zu ſingen, indem ſie ſich auszieht.
Es war ein König in Tule
Gar treu bis an das Grab,
Dem ſterbend ſeine Bule
Einen goldnen Becher gab.
Es ging ihm nichts darüber,
Er leert’ ihn jeden Schmaus;
Die Augen gingen ihm über,
So oft er trank daraus.
Und als er kam zu ſterben,
Zählt’ er ſeine Städt’ im Reich,
Gönnt’ alles ſeinem Erben,
Den Becher nicht zugleich.
Er ſaß beym Königsmahle,
Die Ritter um ihn her,
Auf hohem Väter-Saale,
Dort auf dem Schloß am Meer.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790/104>, abgerufen am 16.02.2025. |