Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790.Ein Fragment. Dort stand der alte Zecher, Trank letzte Lebensgluth, Und warf den heiligen Becher Hinunter in die Fluth. Er sah ihn stürzen, trinken Und sinken tief in's Meer, Die Augen thäten ihm sinken, Trank nie einen Tropfen mehr. Sie eröffnet den Schrein, ihre Kleider einzuräumen, und erblickt das Schmuckkästchen. Wie kommt das schöne Kästchen hier herein? Ich schloß doch ganz gewiß den Schrein. Es ist doch wunderbar! Was mag wohl drin- ne seyn? Vielleicht bracht's jemand als ein Pfand, Und meine Mutter lieh darauf? Da hängt ein Schlüsselchen am Band, Ich denke wohl ich mach' es auf! Ein Fragment. Dort ſtand der alte Zecher, Trank letzte Lebensgluth, Und warf den heiligen Becher Hinunter in die Fluth. Er ſah ihn ſtürzen, trinken Und ſinken tief in’s Meer, Die Augen thäten ihm ſinken, Trank nie einen Tropfen mehr. Sie eröffnet den Schrein, ihre Kleider einzuräumen, und erblickt das Schmuckkäſtchen. Wie kommt das ſchöne Käſtchen hier herein? Ich ſchloß doch ganz gewiß den Schrein. Es iſt doch wunderbar! Was mag wohl drin- ne ſeyn? Vielleicht bracht’s jemand als ein Pfand, Und meine Mutter lieh darauf? Da hängt ein Schlüſſelchen am Band, Ich denke wohl ich mach’ es auf! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#MARGA"> <pb facs="#f0105" n="95"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Fragment</hi>.</fw><lb/> <p>Dort ſtand der alte Zecher,<lb/> Trank letzte Lebensgluth,<lb/> Und warf den heiligen Becher<lb/> Hinunter in die Fluth.</p><lb/> <p>Er ſah ihn ſtürzen, trinken<lb/> Und ſinken tief in’s Meer,<lb/> Die Augen thäten ihm ſinken,<lb/> Trank nie einen Tropfen mehr.</p><lb/> <stage>Sie eröffnet den Schrein, ihre Kleider einzuräumen,<lb/> und erblickt das Schmuckkäſtchen.</stage><lb/> <p>Wie kommt das ſchöne Käſtchen hier herein?<lb/> Ich ſchloß doch ganz gewiß den Schrein.<lb/> Es iſt doch wunderbar! Was mag wohl drin-<lb/> ne ſeyn?<lb/> Vielleicht bracht’s jemand als ein Pfand,<lb/> Und meine Mutter lieh darauf?<lb/> Da hängt ein Schlüſſelchen am Band,<lb/> Ich denke wohl ich mach’ es auf!<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0105]
Ein Fragment.
Dort ſtand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensgluth,
Und warf den heiligen Becher
Hinunter in die Fluth.
Er ſah ihn ſtürzen, trinken
Und ſinken tief in’s Meer,
Die Augen thäten ihm ſinken,
Trank nie einen Tropfen mehr.
Sie eröffnet den Schrein, ihre Kleider einzuräumen,
und erblickt das Schmuckkäſtchen.
Wie kommt das ſchöne Käſtchen hier herein?
Ich ſchloß doch ganz gewiß den Schrein.
Es iſt doch wunderbar! Was mag wohl drin-
ne ſeyn?
Vielleicht bracht’s jemand als ein Pfand,
Und meine Mutter lieh darauf?
Da hängt ein Schlüſſelchen am Band,
Ich denke wohl ich mach’ es auf!
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790/105>, abgerufen am 16.02.2025. |