Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787.Ein Schauspiel. Die Seele, von dem Strahle deiner WorteGetroffen, sich dem süßen Troste nach. Wie köstlich ist des gegenwärt'gen Freundes Gewisse Rede, deren Himmelskraft Ein Einsamer entbehrt und still versinkt. Denn langsam reift, verschlossen in dem Busen, Gedank' ihm und Entschluß; die Gegenwart Des Liebenden entwickelte sie leicht. Pylades. Leb' wohl! Die Freunde will ich nun geschwind Beruhigen, die sehnlich wartend harren. Dann komm' ich schnell zurück und lausche hier Im Felsenbusch versteckt auf deinen Wink -- Was sinnest du? Auf einmal überschwebt Ein stiller Trauerzug die freye Stirne. Iphigenie. Verzeih! Wie leichte Wolken vor der Sonne, So zieht mir vor der Seele leichte Sorge Und Bangigkeit vorüber. G 2
Ein Schauſpiel. Die Seele, von dem Strahle deiner WorteGetroffen, ſich dem ſüßen Troſte nach. Wie köſtlich iſt des gegenwärt’gen Freundes Gewiſſe Rede, deren Himmelskraft Ein Einſamer entbehrt und ſtill verſinkt. Denn langſam reift, verſchloſſen in dem Buſen, Gedank’ ihm und Entſchluß; die Gegenwart Des Liebenden entwickelte ſie leicht. Pylades. Leb’ wohl! Die Freunde will ich nun geſchwind Beruhigen, die ſehnlich wartend harren. Dann komm’ ich ſchnell zurück und lauſche hier Im Felſenbuſch verſteckt auf deinen Wink — Was ſinneſt du? Auf einmal überſchwebt Ein ſtiller Trauerzug die freye Stirne. Iphigenie. Verzeih! Wie leichte Wolken vor der Sonne, So zieht mir vor der Seele leichte Sorge Und Bangigkeit vorüber. G 2
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Ein Schauſpiel.
Die Seele, von dem Strahle deiner Worte
Getroffen, ſich dem ſüßen Troſte nach.
Wie köſtlich iſt des gegenwärt’gen Freundes
Gewiſſe Rede, deren Himmelskraft
Ein Einſamer entbehrt und ſtill verſinkt.
Denn langſam reift, verſchloſſen in dem
Buſen,
Gedank’ ihm und Entſchluß; die Gegenwart
Des Liebenden entwickelte ſie leicht.
Pylades.
Leb’ wohl! Die Freunde will ich nun geſchwind
Beruhigen, die ſehnlich wartend harren.
Dann komm’ ich ſchnell zurück und lauſche hier
Im Felſenbuſch verſteckt auf deinen Wink —
Was ſinneſt du? Auf einmal überſchwebt
Ein ſtiller Trauerzug die freye Stirne.
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Verzeih! Wie leichte Wolken vor der Sonne,
So zieht mir vor der Seele leichte Sorge
Und Bangigkeit vorüber.
G 2
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