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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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Einem Format vor uns stehen, als ein
Ganzes zu betrachten, und man möchte
sich daraus gern ein Bild des Autors
und seines Talents entwerfen. Nun ist
nicht zu läugnen, daß für die Lebhaf¬
tigkeit, womit derselbe seine schriftstelleri¬
sche Laufbahn begonnen, für die lange
Zeit die seit dem verflossen, ein Duzzend
Bändchen zu wenig scheinen müssen.
Eben so kann man sich bey den einzel¬
nen Arbeiten nicht verhehlen, daß mei¬
stens besondere Veranlassungen dieselben
hervorgebracht, und sowohl äußere be¬
stimmte Gegenstände als innere entschie¬
dene Bildungsstufen daraus hervorschei¬
nen, nicht minder auch gewisse temporäre
moralische und ästhetische Maximen und
Ueberzeugungen darin obwalten. Im
Ganzen aber bleiben diese Produktionen

Einem Format vor uns ſtehen, als ein
Ganzes zu betrachten, und man moͤchte
ſich daraus gern ein Bild des Autors
und ſeines Talents entwerfen. Nun iſt
nicht zu laͤugnen, daß fuͤr die Lebhaf¬
tigkeit, womit derſelbe ſeine ſchriftſtelleri¬
ſche Laufbahn begonnen, fuͤr die lange
Zeit die ſeit dem verfloſſen, ein Duzzend
Baͤndchen zu wenig ſcheinen muͤſſen.
Eben ſo kann man ſich bey den einzel¬
nen Arbeiten nicht verhehlen, daß mei¬
ſtens beſondere Veranlaſſungen dieſelben
hervorgebracht, und ſowohl aͤußere be¬
ſtimmte Gegenſtaͤnde als innere entſchie¬
dene Bildungsſtufen daraus hervorſchei¬
nen, nicht minder auch gewiſſe temporaͤre
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[IV/0010] Einem Format vor uns ſtehen, als ein Ganzes zu betrachten, und man moͤchte ſich daraus gern ein Bild des Autors und ſeines Talents entwerfen. Nun iſt nicht zu laͤugnen, daß fuͤr die Lebhaf¬ tigkeit, womit derſelbe ſeine ſchriftſtelleri¬ ſche Laufbahn begonnen, fuͤr die lange Zeit die ſeit dem verfloſſen, ein Duzzend Baͤndchen zu wenig ſcheinen muͤſſen. Eben ſo kann man ſich bey den einzel¬ nen Arbeiten nicht verhehlen, daß mei¬ ſtens beſondere Veranlaſſungen dieſelben hervorgebracht, und ſowohl aͤußere be¬ ſtimmte Gegenſtaͤnde als innere entſchie¬ dene Bildungsſtufen daraus hervorſchei¬ nen, nicht minder auch gewiſſe temporaͤre moraliſche und aͤſthetiſche Maximen und Ueberzeugungen darin obwalten. Im Ganzen aber bleiben dieſe Produktionen

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/10>, abgerufen am 30.04.2024.