und mit der Harfe. "Setzt Euch zu Aler¬ ten und hört zu, wenn Ihr Liebhaber von der Musik seyd." Nun sah' ich erst, daß unten quer vor ein ziemlich langes Bänkchen stand, worauf eine Mandoline lag. Das artige Mädchen nahm sie auf, setzte sich und zog mich an ihre Seite. Jetzt betrachtete ich auch die zweyte Dame zu meiner Rech¬ ten; sie hatte das gelbe Kleid an, und eine Zither in der Hand; und wenn jene Harfen¬ spielerinn ansehnlich von Gestalt, groß von Gesichtszügen, und in ihrem Betragen maje¬ stätisch war, so konnte man der Zitherspiele¬ rinn ein leicht anmuthiges, heitres Wesen anmerken. Sie war eine schlanke Blondine, da jene dunkelbraunes Haar schmückte. Die Mannigfaltigkeit und Uebereinstimmung ihrer Musik konnte mich nicht abhalten, nun auch die dritte Schönheit im grünen Gewande zu betrachten, deren Lautenspiel etwas Rüh¬ rendes und zugleich Auffallendes für mich hatte. Sie war diejenige, die am meisten
und mit der Harfe. „Setzt Euch zu Aler¬ ten und hoͤrt zu, wenn Ihr Liebhaber von der Muſik ſeyd.“ Nun ſah' ich erſt, daß unten quer vor ein ziemlich langes Baͤnkchen ſtand, worauf eine Mandoline lag. Das artige Maͤdchen nahm ſie auf, ſetzte ſich und zog mich an ihre Seite. Jetzt betrachtete ich auch die zweyte Dame zu meiner Rech¬ ten; ſie hatte das gelbe Kleid an, und eine Zither in der Hand; und wenn jene Harfen¬ ſpielerinn anſehnlich von Geſtalt, groß von Geſichtszuͤgen, und in ihrem Betragen maje¬ ſtaͤtisch war, ſo konnte man der Zitherſpiele¬ rinn ein leicht anmuthiges, heitres Weſen anmerken. Sie war eine ſchlanke Blondine, da jene dunkelbraunes Haar ſchmuͤckte. Die Mannigfaltigkeit und Uebereinſtimmung ihrer Muſik konnte mich nicht abhalten, nun auch die dritte Schoͤnheit im gruͤnen Gewande zu betrachten, deren Lautenſpiel etwas Ruͤh¬ rendes und zugleich Auffallendes fuͤr mich hatte. Sie war diejenige, die am meiſten
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und mit der Harfe. „Setzt Euch zu Aler¬
ten und hoͤrt zu, wenn Ihr Liebhaber von
der Muſik ſeyd.“ Nun ſah' ich erſt, daß
unten quer vor ein ziemlich langes Baͤnkchen
ſtand, worauf eine Mandoline lag. Das
artige Maͤdchen nahm ſie auf, ſetzte ſich und
zog mich an ihre Seite. Jetzt betrachtete
ich auch die zweyte Dame zu meiner Rech¬
ten; ſie hatte das gelbe Kleid an, und eine
Zither in der Hand; und wenn jene Harfen¬
ſpielerinn anſehnlich von Geſtalt, groß von
Geſichtszuͤgen, und in ihrem Betragen maje¬
ſtaͤtisch war, ſo konnte man der Zitherſpiele¬
rinn ein leicht anmuthiges, heitres Weſen
anmerken. Sie war eine ſchlanke Blondine,
da jene dunkelbraunes Haar ſchmuͤckte. Die
Mannigfaltigkeit und Uebereinſtimmung ihrer
Muſik konnte mich nicht abhalten, nun auch
die dritte Schoͤnheit im gruͤnen Gewande
zu betrachten, deren Lautenſpiel etwas Ruͤh¬
rendes und zugleich Auffallendes fuͤr mich
hatte. Sie war diejenige, die am meiſten
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/139>, abgerufen am 21.11.2024.
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