Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.ander. Der Zweyte behauptete: sie beweg¬ ander. Der Zweyte behauptete: ſie beweg¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0155" n="139"/> ander. Der Zweyte behauptete: ſie beweg¬<lb/> ten ſich, aber ſie entfernten ſich von einander.<lb/> Mit dieſem war der Dritte uͤber den erſten<lb/> Punct der Bewegung einſtimmig, doch ſchie¬<lb/> nen ihm Nußbaͤume, Tafel und Brunnen<lb/> ſich vielmehr zu naͤhern. Der Vierte wollte<lb/> noch was merkwuͤrdigeres geſehen haben: die<lb/> Nußbaͤume naͤmlich in der Mitte, die Tafel<lb/> aber und den Brunnen auf den entgegen¬<lb/> geſetzten Seiten als ich angegeben. In Ab¬<lb/> ſicht auf die Spur des Pfoͤrtchens variirten ſie<lb/> auch. Und ſo gaben ſie mir ein fruͤhes Beyſpiel,<lb/> wie die Menſchen von einer ganz einfachen<lb/> und leicht zu eroͤrternden Sache die wider¬<lb/> ſprechendſten Anſichten haben und behaupten<lb/> koͤnnen. Als ich die Fortſetzung meines<lb/> Maͤhrchens hartnaͤckig verweigerte, ward dieſer<lb/> erſte Theil oͤfters wieder begehrt. Ich huͤtete<lb/> mich, an den Umſtaͤnden viel zu veraͤndern,<lb/> und durch die Gleichfoͤrmigkeit meiner Erzaͤh¬<lb/> lung verwandelte ich in den Gemuͤthern mei¬<lb/> ner Zuhoͤrer die Fabel in Wahrheit.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [139/0155]
ander. Der Zweyte behauptete: ſie beweg¬
ten ſich, aber ſie entfernten ſich von einander.
Mit dieſem war der Dritte uͤber den erſten
Punct der Bewegung einſtimmig, doch ſchie¬
nen ihm Nußbaͤume, Tafel und Brunnen
ſich vielmehr zu naͤhern. Der Vierte wollte
noch was merkwuͤrdigeres geſehen haben: die
Nußbaͤume naͤmlich in der Mitte, die Tafel
aber und den Brunnen auf den entgegen¬
geſetzten Seiten als ich angegeben. In Ab¬
ſicht auf die Spur des Pfoͤrtchens variirten ſie
auch. Und ſo gaben ſie mir ein fruͤhes Beyſpiel,
wie die Menſchen von einer ganz einfachen
und leicht zu eroͤrternden Sache die wider¬
ſprechendſten Anſichten haben und behaupten
koͤnnen. Als ich die Fortſetzung meines
Maͤhrchens hartnaͤckig verweigerte, ward dieſer
erſte Theil oͤfters wieder begehrt. Ich huͤtete
mich, an den Umſtaͤnden viel zu veraͤndern,
und durch die Gleichfoͤrmigkeit meiner Erzaͤh¬
lung verwandelte ich in den Gemuͤthern mei¬
ner Zuhoͤrer die Fabel in Wahrheit.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |