lernten, däuchte es uns Kindern auch noch gar behaglich, von genauen Lehrstunden und strenger Zucht einigermaßen entbunden zu seyn. Des Vaters üble Laune nahm zu, er konnte sich nicht in das Unvermeidliche ergeben. Wie sehr quälte er sich, die Mutter und den Ge¬ vatter, die Rathsherren, alle seine Freunde, nur um den Grafen los zu werden! Vergebens stellte man ihm vor, daß die Gegenwart eines solchen Mannes im Hause, unter den gegebe¬ nen Umständen, eine wahre Wohlthat sey, daß ein ewiger Wechsel, es sey nun von Of¬ fizieren oder Gemeinen, auf die Umquartierung des Grafen folgen würde. Keins von die¬ sen Argumenten wollte bey ihm greifen. Das Gegenwärtige schien ihm so unerträglich, daß ihn sein Unmuth ein Schlimmeres das folgen könnte, nicht gewahr werden ließ.
Auf diese Weise ward seine Thätigkeit ge¬ lähmt, die er sonst hauptsächlich auf uns zu wenden gewohnt war. Das was er uns auf¬
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lernten, daͤuchte es uns Kindern auch noch gar behaglich, von genauen Lehrſtunden und ſtrenger Zucht einigermaßen entbunden zu ſeyn. Des Vaters uͤble Laune nahm zu, er konnte ſich nicht in das Unvermeidliche ergeben. Wie ſehr quaͤlte er ſich, die Mutter und den Ge¬ vatter, die Rathsherren, alle ſeine Freunde, nur um den Grafen los zu werden! Vergebens ſtellte man ihm vor, daß die Gegenwart eines ſolchen Mannes im Hauſe, unter den gegebe¬ nen Umſtaͤnden, eine wahre Wohlthat ſey, daß ein ewiger Wechſel, es ſey nun von Of¬ fizieren oder Gemeinen, auf die Umquartierung des Grafen folgen wuͤrde. Keins von die¬ ſen Argumenten wollte bey ihm greifen. Das Gegenwaͤrtige ſchien ihm ſo unertraͤglich, daß ihn ſein Unmuth ein Schlimmeres das folgen koͤnnte, nicht gewahr werden ließ.
Auf dieſe Weiſe ward ſeine Thaͤtigkeit ge¬ laͤhmt, die er ſonſt hauptſaͤchlich auf uns zu wenden gewohnt war. Das was er uns auf¬
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lernten, daͤuchte es uns Kindern auch noch
gar behaglich, von genauen Lehrſtunden und
ſtrenger Zucht einigermaßen entbunden zu ſeyn.
Des Vaters uͤble Laune nahm zu, er konnte
ſich nicht in das Unvermeidliche ergeben. Wie
ſehr quaͤlte er ſich, die Mutter und den Ge¬
vatter, die Rathsherren, alle ſeine Freunde,
nur um den Grafen los zu werden! Vergebens
ſtellte man ihm vor, daß die Gegenwart eines
ſolchen Mannes im Hauſe, unter den gegebe¬
nen Umſtaͤnden, eine wahre Wohlthat ſey,
daß ein ewiger Wechſel, es ſey nun von Of¬
fizieren oder Gemeinen, auf die Umquartierung
des Grafen folgen wuͤrde. Keins von die¬
ſen Argumenten wollte bey ihm greifen. Das
Gegenwaͤrtige ſchien ihm ſo unertraͤglich, daß
ihn ſein Unmuth ein Schlimmeres das folgen
koͤnnte, nicht gewahr werden ließ.
Auf dieſe Weiſe ward ſeine Thaͤtigkeit ge¬
laͤhmt, die er ſonſt hauptſaͤchlich auf uns zu
wenden gewohnt war. Das was er uns auf¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/209>, abgerufen am 28.11.2024.
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