Ruhe und ging aus. Die Schlacht begann; ich stieg auf den obersten Boden, wo ich zwar die Gegend zu sehen verhindert war, aber den Donner der Canonen und das Mas¬ senfeuer des kleinen Gewehrs recht gut ver¬ nehmen konnte. Nach einigen Stunden sa¬ hen wir die ersten Zeichen der Schlacht an einer Reihe Wagen, auf welchen Verwundete in mancherley traurigen Verstümmelungen und Gebärden sachte bey uns vorbeygefahren wur¬ den, um in das zum Lazareth umgewandelte Liebfrauen-Kloster gebracht zu werden. So¬ gleich regte sich die Barmherzigkeit der Bür¬ ger. Bier, Wein, Brodt, Geld ward den¬ jenigen hingereicht, die noch etwas empfan¬ gen konnten. Als man aber einige Zeit dar¬ auf blessirte und gefangne Deutsche unter diesem Zug gewahr wurde, fand das Mit¬ leid keine Gränze, und es schien als wollte Jeder sich von allem entblößen, was er nur Bewegliches besaß, um seinen bedrängten Landsleuten beyzustehen.
Ruhe und ging aus. Die Schlacht begann; ich ſtieg auf den oberſten Boden, wo ich zwar die Gegend zu ſehen verhindert war, aber den Donner der Canonen und das Maſ¬ ſenfeuer des kleinen Gewehrs recht gut ver¬ nehmen konnte. Nach einigen Stunden ſa¬ hen wir die erſten Zeichen der Schlacht an einer Reihe Wagen, auf welchen Verwundete in mancherley traurigen Verſtuͤmmelungen und Gebaͤrden ſachte bey uns vorbeygefahren wur¬ den, um in das zum Lazareth umgewandelte Liebfrauen-Kloſter gebracht zu werden. So¬ gleich regte ſich die Barmherzigkeit der Buͤr¬ ger. Bier, Wein, Brodt, Geld ward den¬ jenigen hingereicht, die noch etwas empfan¬ gen konnten. Als man aber einige Zeit dar¬ auf bleſſirte und gefangne Deutſche unter dieſem Zug gewahr wurde, fand das Mit¬ leid keine Graͤnze, und es ſchien als wollte Jeder ſich von allem entbloͤßen, was er nur Bewegliches beſaß, um ſeinen bedraͤngten Landsleuten beyzuſtehen.
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Ruhe und ging aus. Die Schlacht begann;
ich ſtieg auf den oberſten Boden, wo ich
zwar die Gegend zu ſehen verhindert war,
aber den Donner der Canonen und das Maſ¬
ſenfeuer des kleinen Gewehrs recht gut ver¬
nehmen konnte. Nach einigen Stunden ſa¬
hen wir die erſten Zeichen der Schlacht an
einer Reihe Wagen, auf welchen Verwundete
in mancherley traurigen Verſtuͤmmelungen und
Gebaͤrden ſachte bey uns vorbeygefahren wur¬
den, um in das zum Lazareth umgewandelte
Liebfrauen-Kloſter gebracht zu werden. So¬
gleich regte ſich die Barmherzigkeit der Buͤr¬
ger. Bier, Wein, Brodt, Geld ward den¬
jenigen hingereicht, die noch etwas empfan¬
gen konnten. Als man aber einige Zeit dar¬
auf bleſſirte und gefangne Deutſche unter
dieſem Zug gewahr wurde, fand das Mit¬
leid keine Graͤnze, und es ſchien als wollte
Jeder ſich von allem entbloͤßen, was er nur
Bewegliches beſaß, um ſeinen bedraͤngten
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/239>, abgerufen am 25.11.2024.
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