geliebte dazu, aber unter der Bedingung sieben neuer Dienstjahre; und so entspringt nun Verdruß aus Verdruß. Die nicht ge¬ liebte Gattinn ist fruchtbar, die geliebte bringt keine Kinder; diese will wie Sara durch eine Magd Mutter werden, jene mis¬ gönnt ihr auch diesen Vortheil. Auch sie führt ihrem Gatten eine Magd zu, und nun ist der gute Erzvater der geplagteste Mann von der Welt: Vier Frauen, Kinder von dreyen, und keins von der geliebten! End¬ lich wird auch diese beglückt, und Joseph kommt zur Welt, ein Spätling der leiden¬ schaftlichsten Liebe. Jakobs vierzehn Dienst¬ jahre sind um; aber Laban will in ihm den ersten treusten Knecht nicht entbehren. Sie schließen neue Bedingungen und theilen sich in die Heerden. Laban behält die von wei¬ ßer Farbe, als die der Mehrzahl; die schäk¬ kigen, gleichsam nur den Ausschuß, läßt sich Jakob gefallen. Dieser weiß aber auch hier seinen Vortheil zu wahren, und wie er durch
geliebte dazu, aber unter der Bedingung ſieben neuer Dienſtjahre; und ſo entſpringt nun Verdruß aus Verdruß. Die nicht ge¬ liebte Gattinn iſt fruchtbar, die geliebte bringt keine Kinder; dieſe will wie Sara durch eine Magd Mutter werden, jene mis¬ goͤnnt ihr auch dieſen Vortheil. Auch ſie fuͤhrt ihrem Gatten eine Magd zu, und nun iſt der gute Erzvater der geplagteſte Mann von der Welt: Vier Frauen, Kinder von dreyen, und keins von der geliebten! End¬ lich wird auch dieſe begluͤckt, und Joſeph kommt zur Welt, ein Spaͤtling der leiden¬ ſchaftlichſten Liebe. Jakobs vierzehn Dienſt¬ jahre ſind um; aber Laban will in ihm den erſten treuſten Knecht nicht entbehren. Sie ſchließen neue Bedingungen und theilen ſich in die Heerden. Laban behaͤlt die von wei¬ ßer Farbe, als die der Mehrzahl; die ſchaͤk¬ kigen, gleichſam nur den Ausſchuß, laͤßt ſich Jakob gefallen. Dieſer weiß aber auch hier ſeinen Vortheil zu wahren, und wie er durch
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geliebte dazu, aber unter der Bedingung
ſieben neuer Dienſtjahre; und ſo entſpringt
nun Verdruß aus Verdruß. Die nicht ge¬
liebte Gattinn iſt fruchtbar, die geliebte
bringt keine Kinder; dieſe will wie Sara
durch eine Magd Mutter werden, jene mis¬
goͤnnt ihr auch dieſen Vortheil. Auch ſie
fuͤhrt ihrem Gatten eine Magd zu, und nun
iſt der gute Erzvater der geplagteſte Mann
von der Welt: Vier Frauen, Kinder von
dreyen, und keins von der geliebten! End¬
lich wird auch dieſe begluͤckt, und Joſeph
kommt zur Welt, ein Spaͤtling der leiden¬
ſchaftlichſten Liebe. Jakobs vierzehn Dienſt¬
jahre ſind um; aber Laban will in ihm den
erſten treuſten Knecht nicht entbehren. Sie
ſchließen neue Bedingungen und theilen ſich
in die Heerden. Laban behaͤlt die von wei¬
ßer Farbe, als die der Mehrzahl; die ſchaͤk¬
kigen, gleichſam nur den Ausſchuß, laͤßt ſich
Jakob gefallen. Dieſer weiß aber auch hier
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/341>, abgerufen am 28.11.2024.
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