und Gewerbsbenutzungen eingerichtete Vesten. Nichts architectonisch Erhebendes war damals in Frankfurt zu sehen: alles deutete auf eine längst vergangne, für Stadt und Gegend sehr unruhige Zeit. Pforten und Thürme, welche die Gränze der alten Stadt bezeichneten, dann weiterhin abermals Pforten, Thürme, Mau¬ ern, Brücken, Wälle, Gräben, womit die neue Stadt umschlossen war, alles sprach noch zu deutlich aus, daß die Nothwendigkeit, in unruhigen Zeiten dem Gemeinwesen Sicher¬ heit zu verschaffen, diese Anstalten hervorge¬ bracht, daß die Plätze, die Straßen, selbst die neuen, breiter und schöner angelegten, alle nur dem Zufall und der Willkühr und keinem regelnden Geiste ihren Ursprung zu danken hatten. Eine gewisse Neigung zum Alter¬ thümlichen setzte sich bey dem Knaben fest, welche besonders durch alte Chroniken, Holz¬ schnitte, wie z. B. den Grave'schen von der Belagerung von Frankfurt, genährt und be¬ günstigt wurden; wobey noch eine andre Lust,
und Gewerbsbenutzungen eingerichtete Veſten. Nichts architectoniſch Erhebendes war damals in Frankfurt zu ſehen: alles deutete auf eine laͤngſt vergangne, fuͤr Stadt und Gegend ſehr unruhige Zeit. Pforten und Thuͤrme, welche die Graͤnze der alten Stadt bezeichneten, dann weiterhin abermals Pforten, Thuͤrme, Mau¬ ern, Bruͤcken, Waͤlle, Graͤben, womit die neue Stadt umſchloſſen war, alles ſprach noch zu deutlich aus, daß die Nothwendigkeit, in unruhigen Zeiten dem Gemeinweſen Sicher¬ heit zu verſchaffen, dieſe Anſtalten hervorge¬ bracht, daß die Plaͤtze, die Straßen, ſelbſt die neuen, breiter und ſchoͤner angelegten, alle nur dem Zufall und der Willkuͤhr und keinem regelnden Geiſte ihren Urſprung zu danken hatten. Eine gewiſſe Neigung zum Alter¬ thuͤmlichen ſetzte ſich bey dem Knaben feſt, welche beſonders durch alte Chroniken, Holz¬ ſchnitte, wie z. B. den Grave'ſchen von der Belagerung von Frankfurt, genaͤhrt und be¬ guͤnſtigt wurden; wobey noch eine andre Luſt,
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und Gewerbsbenutzungen eingerichtete Veſten.
Nichts architectoniſch Erhebendes war damals
in Frankfurt zu ſehen: alles deutete auf eine
laͤngſt vergangne, fuͤr Stadt und Gegend ſehr
unruhige Zeit. Pforten und Thuͤrme, welche
die Graͤnze der alten Stadt bezeichneten, dann
weiterhin abermals Pforten, Thuͤrme, Mau¬
ern, Bruͤcken, Waͤlle, Graͤben, womit die
neue Stadt umſchloſſen war, alles ſprach noch
zu deutlich aus, daß die Nothwendigkeit, in
unruhigen Zeiten dem Gemeinweſen Sicher¬
heit zu verſchaffen, dieſe Anſtalten hervorge¬
bracht, daß die Plaͤtze, die Straßen, ſelbſt
die neuen, breiter und ſchoͤner angelegten, alle
nur dem Zufall und der Willkuͤhr und keinem
regelnden Geiſte ihren Urſprung zu danken
hatten. Eine gewiſſe Neigung zum Alter¬
thuͤmlichen ſetzte ſich bey dem Knaben feſt,
welche beſonders durch alte Chroniken, Holz¬
ſchnitte, wie z. B. den Grave'ſchen von der
Belagerung von Frankfurt, genaͤhrt und be¬
guͤnſtigt wurden; wobey noch eine andre Luſt,
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/39>, abgerufen am 21.11.2024.
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