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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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oft um der Lust und des Gewinns willen,
manches Wagehalsige vornehmen, ich habe
widerstanden und den ersten Brief nicht
abgeschrieben, wie man von mir verlangte;
sie haben ihn mit verstellter Hand copirt,
und so mögen sie auch, wenn es nicht an¬
ders ist, mit diesem thun. Und Sie, ein
junger Mann aus gutem Hause, wohlha¬
bend, unabhängig, warum wollen Sie sich
zum Werkzeug in einer Sache gebrauchen las¬
sen, aus der gewiß nichts Gutes und viel¬
leicht manches Unangenehme für Sie ent¬
springen kann?" -- Ich war glücklich sie in
einer Folge reden zu hören: denn sonst gab
sie nur wenige Worte in das Gespräch.
Meine Neigung wuchs unglaublich, ich war
nicht Herr von mir selbst, und erwiederte:
Ich bin so unabhängig nicht als Sie glau¬
ben, und was hilft mir wohlhabend zu seyn,
da mir das Köstlichste fehlt, was ich wün¬
schen dürfte.

oft um der Luſt und des Gewinns willen,
manches Wagehalſige vornehmen, ich habe
widerſtanden und den erſten Brief nicht
abgeſchrieben, wie man von mir verlangte;
ſie haben ihn mit verſtellter Hand copirt,
und ſo moͤgen ſie auch, wenn es nicht an¬
ders iſt, mit dieſem thun. Und Sie, ein
junger Mann aus gutem Hauſe, wohlha¬
bend, unabhaͤngig, warum wollen Sie ſich
zum Werkzeug in einer Sache gebrauchen laſ¬
ſen, aus der gewiß nichts Gutes und viel¬
leicht manches Unangenehme fuͤr Sie ent¬
ſpringen kann?“ — Ich war gluͤcklich ſie in
einer Folge reden zu hoͤren: denn ſonſt gab
ſie nur wenige Worte in das Geſpraͤch.
Meine Neigung wuchs unglaublich, ich war
nicht Herr von mir ſelbſt, und erwiederte:
Ich bin ſo unabhaͤngig nicht als Sie glau¬
ben, und was hilft mir wohlhabend zu ſeyn,
da mir das Koͤſtlichſte fehlt, was ich wuͤn¬
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[402/0418] oft um der Luſt und des Gewinns willen, manches Wagehalſige vornehmen, ich habe widerſtanden und den erſten Brief nicht abgeſchrieben, wie man von mir verlangte; ſie haben ihn mit verſtellter Hand copirt, und ſo moͤgen ſie auch, wenn es nicht an¬ ders iſt, mit dieſem thun. Und Sie, ein junger Mann aus gutem Hauſe, wohlha¬ bend, unabhaͤngig, warum wollen Sie ſich zum Werkzeug in einer Sache gebrauchen laſ¬ ſen, aus der gewiß nichts Gutes und viel¬ leicht manches Unangenehme fuͤr Sie ent¬ ſpringen kann?“ — Ich war gluͤcklich ſie in einer Folge reden zu hoͤren: denn ſonſt gab ſie nur wenige Worte in das Geſpraͤch. Meine Neigung wuchs unglaublich, ich war nicht Herr von mir ſelbſt, und erwiederte: Ich bin ſo unabhaͤngig nicht als Sie glau¬ ben, und was hilft mir wohlhabend zu ſeyn, da mir das Koͤſtlichſte fehlt, was ich wuͤn¬ ſchen duͤrfte.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/418>, abgerufen am 24.11.2024.